Führender europäischer Hersteller von Elektrorollern muss Insolvenzantrag stellen

  • Dr. jur. Michael Jaffé als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt
  • Erste Investorengespräche angelaufen

München, 26. November 2025.  Die Govecs AG, mit der Marke „eSchwalbe“ einer der führenden europäischen Hersteller von Elektrorollern, hat Insolvenzantrag gestellt. Hintergrund sind die seit 2022 stark rückläufigen Neuzulassungszahlen für Elektro-Mopeds in Europa. Zur Sicherung des vorhandenen Vermögens und um Sanierungsmöglichkeiten mit den Mitteln des deutschen Insolvenzrechts zu prüfen, bestellte das Amtsgericht München mit Beschluss vom 24. November 2025 Dr. jur. Michael Jaffé von der bundesweit tätigen Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter als vorläufigen Insolvenzverwalter. Jaffé, der in der Vergangenheit unter anderem bereits die Insolvenzverfahren für die deutsche Tochtergesellschaft des E-Mobilherstellers Fisker und des Elektromobilitätsspezialisten ACM Adaptive City Mobility betreute, hat bereits erste Gespräche mit potenziellen Investoren aufgenommen.

„Unser Ziel ist, möglichst schnell den bereits vor der Insolvenz begonnenen M&A-Prozess wieder in Gang zu bringen und möglichst eine Fortführungsperspektive für den Geschäftsbetrieb zu entwickeln. Hilfreich ist, dass Govecs über Exklusivrechte an der Traditionsmarke Schwalbe verfügt und die Produkte einen sehr guten Ruf im Markt genießen“, so Jaffé in einer ersten Einschätzung.

Die Govecs AG ist auf Entwicklung, Produktion, Marketing, Vertrieb und Service von Elektromopeds und -rollern für den europäischen Markt spezialisiert, wobei die Entwicklung und Produktion in Polen bei der 100prozentigen polnischen Tochtergesellschaft Govecs Poland Sp. z o.o. angesiedelt sind. Auch diese Tochtergesellschaft mit 35 Arbeitnehmern hat einen Restrukturierungsantrag nach polnischem Recht gestellt.

„Wir sind bereits mit dem dortigen gerichtlich bestellten Restrukturierungsbeauftragten in Kontakt, um die Betriebsstrukturen verkaufsfähig zu erhalten. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme in Polen und Deutschland ist dies eine anspruchsvolle und zeitkritische Aufgabe, so Jaffé weiter.

eSchwalbe als Synonym für nachhaltige urbane Mobilität

Hauptprodukt der Govecs AG ist die „eSchwalbe“, ein Elektroroller, der an die Tradition der legendären DDR-Mopedmarke Schwalbe anknüpft und das Unternehmen zu einem der führenden Hersteller im europäischen Markt aufsteigen ließ. So konnte Govecs in der Vergangenheit rund 15.000 Roller als Sharing-Roller auf den Markt bringen, was einen Marktanteil von rund 40 Prozent aller Sharing Angebote ausmachte. Durch die Covid-19 Pandemie kam es jedoch ab 2020 in diesem B2B-Geschäft zu hohen Verlusten.

„Wir haben uns deshalb ab 2022 auf den europäischen Endkundenmarkt ausgerichtet. Seitdem sind die Neuzulassungen von Mopeds in Europa jedoch stark eingebrochen, sowohl im Gesamtmarkt als auch bei Elektro-Mopeds. Für uns bedeutete dies, dass die geplanten Absatzzahlen nicht erreicht werden konnten, was anhaltende Verluste zur Folge hatte. Auch in Deutschland, unserem aktuellen Schlüsselmarkt, konnten trotz positiver Markttendenzen die geplanten Absatzzahlen für die eSchwalbe nicht erreicht werden. Vor diesem Hintergrund blieb auch der eingeleitete M&A-Prozess vor der Insolvenz ohne Ergebnis. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass wir über ein Insolvenzverfahren eine Sanierung erreichen und die Zukunft der eSchwalbe als Mittel einer nachhaltigen urbanen Mobilität mit neuen Investoren sichern können“, so Govecs-Geschäftsführer Thomas Grübel.

Die Govecs AG beschäftigt am Stammsitz München acht Arbeitnehmer in der Verwaltung und erzielte im laufenden Jahr Umsätze in der Größenordnung von rund 7 Mio. Euro. Für die Mitarbeiter wurde bereits eine Vorfinanzierung des ihnen zustehenden Insolvenzgeldes in die Wege geleitet, bis einschließlich Oktober waren Löhne und Gehälter gezahlt worden.

Weitere Informationen:

Dr. jur. Michael Jaffé wird seit bald drei Jahrzehnten regelmäßig von den Gerichten in schwierigen und großen Insolvenzfällen bestellt, in denen es darum geht, das Vermögen für die Gläubiger zu sichern und bestmöglich zu verwerten. Zu den national und international bekanntesten Insolvenzverfahren von Dr. jur. Michael Jaffé zählen der Medienkonzern KirchMedia des verstorbenen Dr. Leo Kirch, der vormals weltweit tätige Speicherchip-Hersteller Qimonda sowie die deutschen Tochtergesellschaften der Petroplus-Gruppe. Als Insolvenzverwalter von drei deutschen P & R Container- Verwaltungsgesellschaften verwertet er im Rahmen einer komplexen grenzüberschreitenden Struktur die weltweite Containerflotte mit dem Ziel, die Schäden für die rund 54.000 Anleger zu minimieren, die über 3 Milliarden Euro zu den Insolvenztabellen angemeldet haben. Insgesamt wurden bereits Erlöse von rund 1 Milliarde US-Dollar erzielt. Das Amtsgericht München betraute Dr. Michael Jaffé im August 2020 mit der Insolvenzverwaltung der Wirecard AG, dem ersten Insolvenzfall eines DAX-Konzerns und einem der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte.  Am 26.09.2024 bestellte ihn das Amtsgericht München als Insolvenzverwalter der deutschen Fisker GmbH.

Die Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter ist eine der führenden Kanzleien auf den Gebieten Insolvenzverwaltung, Insolvenzrecht sowie Sanierung (nach dem ESUG), insbesondere in komplexen und grenzüberschreitenden Verfahren. Eine wichtige Grundlage dafür ist die regelmäßig gerade bei komplexen Verfahren gefragte langjährige Erfahrung, Kompetenz und Unabhängigkeit. Nicht zuletzt deshalb genießt die Kanzlei seit Jahrzehnten das Vertrauen von Gerichten und Gläubigern gerade in schwierigen Verfahren, in denen widerstreitende Interessen der Beteiligten bestehen. Die Kanzlei kann mit ihrer eigenen leistungsstarken und über Jahre gewachsenen Struktur Verfahren jeder Größenordnung im Interesse der Gläubiger begleiten.