Titel | INDat Report 04_2025 | Mai 2025
Status quo und Verbesserungsvorschläge in der Zusammenarbeit von Insolvenzverwaltern und Insolvenzgerichten bei der Verfahrensbearbeitung
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Im Geschäftsleben findet man einige Wechselbeziehungen vor. Man spricht von Kunden und Lieferanten, Kooperationen und Partnerschaften, Auftraggebern und Auftragnehmern. Welche Bezeichnung für die Beziehung zwischen Insolvenzverwaltern und Insolvenzgerichten wäre passend? In Deutschland gibt es 181 Insolvenzgerichte, von denen jede Insolvenzabteilung – teils sogar einzelne Richter, Rechtspfleger oder Geschäftsstellen – eigene Vorstellungen und Vorgaben hat, wie die Zusammenarbeit zwischen ihnen und den Insolvenzverwaltern bis ins Detail ablaufen soll. Dazu zählen z. B. die Tabellenberichtigung, die einzureichenden Unterlagen im Rahmen der Berichterstattung und Berichtigungsanträge. Warum können diese Abläufe und Prozesse nicht einheitlich gestaltet sein, wenn das Insolvenzverfahren an sich überall das Gleiche ist? Mit diesem Anliegen eng verbunden ist der Ruf nach einer Digitalisierung im Verwaltungs- und Gerichtsbereich. Während Insolvenzverwalter überwiegend stark digitalisierte Prozesse aufgebaut haben, besteht im Gerichtsbereich zumeist noch ein hoher Nachholbedarf. So ist es teilweise immer noch so, dass die von den Verwaltern digital eingereichten Schriftstücke beim Gericht ausgedruckt und in Papierform weiterverarbeitet werden müssen. Die folgenden Überlegungen versuchen, zum einen den Status quo der »Geschäftsbeziehung« von Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter zu beschreiben und zum anderen effiziente Verbesserungen aufzuzeigen, die für alle am Insolvenzverfahren Beteiligten von Vorteil sein könnten. Die Antwort klingt einfach, sie lautet im Wesentlichen Digitalisierung auf allen Seiten, doch dieser Weg wird kein leichter sein.
Text: Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) Zekira Fuest, Brinkmann & Partner
Diverse Insolvenzgerichte geben sog. Leitlinien für die Bearbeitung von Insolvenzverfahren heraus. Dies ist zunächst als vorteilhaft zu sehen und verhindert laufende Nachfragen oder Reibungsverluste in der Zusammenarbeit zwischen Insolvenzverwaltern und Insolvenzgerichten, zumal die Leitlinien in der Regel bereits mit der Mitteilung über die Aufnahme in die Verwalterliste ausgehändigt werden. In jedem Verwalterbüro existieren dennoch darüber hinaus umfangreiche Listen mit individuellen Anforderungen der Insolvenzgerichte an die Verwalter. Vergleicht man die Vorgaben und Anforderungen der bundesweit 181 Insolvenzgerichte, so sind einige Abweichungen festzustellen. Nachstehend finden sich beispielhaft Anforderungen von drei Insolvenzgerichten im Bereich von Tabellenberichtigungen.
Gericht A
»Forderungsanmeldungen: Mit den Sachstandsberichten sollen auch neue Forderungsanmeldungen und Berichtigungen mitgeteilt werden. Die Originale der Tabellenanmeldungen sowie die Gläubigerdatei (.itr) sind zum jeweiligen Termin gem. Eröffnungsbeschluss rechtzeitig, d. h. mindestens eine Woche vorher einzureichen.«
Gericht B
»Nachträgliche Forderungsanmeldungen sind dem Gericht unverzüglich, Tabellenberichtigungen dagegen fortlaufend ab einer Anzahl von etwa fünf Berichtigungen vorzulegen.«
Gericht C
»Berichtigungen sind gesammelt vor Abschluss des Verfahrens einzureichen. Ausnahme: Ein Gläubiger drängt auf zeitnahe Bearbeitung.«
Gericht D
Berichtigungen sollen nicht fortlaufend eingereicht, sondern gesammelt werden. Ausgenommen hiervon sind Tabellenberichtigungen der Finanzämter, da diese in der Bearbeitung komplex sind und bei mehreren Tabellenberichtigungen hintereinander eine nachvollziehbare Darstellung erschwert wird.
Eine durchaus aufwendige Bearbeitung findet sich ebenfalls unter den Anforderungen der Gerichte: »Die Tabellenblätter sind für noch nicht ausschließlich elektronisch geführte Verfahren im Hochformat, zweifach – einmal auf gelbem und einmal auf weißem Papier – einzureichen.«
Oft berücksichtigen die erwähnten Anforderungslisten besondere Vorgaben der jeweiligen Richterinnen/Richter bzw. der Rechtspflegerinnen/Rechtspfleger. Solche Anforderungen führen in der Verwalterpraxis zu einem enormen Mehraufwand und haben ein großes Fehlerpotenzial – nicht zuletzt wegen der teilweise gewünschten Systembrüche.
Zum Beispiel ist hier das Belegwesen in den Insolvenzverfahren zu nennen. Die Berichterstattung erfolgt durch Einreichung der Schriftstücke per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA) oder elektronischem Bürger- und Organisationenpostfach (eBO). Viele Insolvenzgerichte wünschen die Einreichung des Belegwesens, auch wenn es sich um Kontobewegungen im Cent-Bereich handelt, in Papierform. Zwangsläufig führt dies dazu, dass gesonderte Vorlagen in den Verwalterbüros für die Gerichte bzw. Gerichtsangestellten geführt werden. Durch die Einreichung des Belegwesens erhält das Gericht zwei unterschiedliche Vorgänge, die idealerweise beim Gericht zusammengeführt werden: nämlich zum einen das Schriftstück, welches elektronisch eingereicht wird, und zum anderen das Schriftstück in Papierform, mit welchem das Belegwesen übersandt wird. Erfahrungsgemäß führt die unvermeidbare zeitliche Verzögerung dazu, dass im Gerichtsgebäude zwei getrennte Vorgänge betrachtet werden, die zu regelmäßigen Nachfragen im Verwalterbüro führen. Durch den zeitlichen Versatz (das elektronische Dokument wird unmittelbar nach Versand empfangen und das in Papierform versandte Schriftstück kommt mit mindestens einigen Stunden Zeitverzug im Gericht an) liegt es in der Natur der Sache, dass auch entsprechende Hinweise in den versandten Schreiben nicht dazu führen, dass die Schriftstücke lückenlos als ein zusammengehörender Vorgang erkannt werden, nicht zuletzt aufgrund der Menge der durch die Justizangestellten zu bearbeitenden Vorgänge.
Neben diesen Systembrüchen sind einige weitere abweichende Vorgänge zu nennen, die zu Problemen in der Bearbeitung führen:
Anforderungen zum Berichtszeitraum, insbesondere in der Wohlverhaltensphase. Erste Variante: Der Berichtszeitraum fängt mit dem Stichtag der Verfahrensaufhebung an, sodass die letzte Berichtsphase einen anteiligen Zeitraum umfasst. Zweite Variante: Der Berichtszeitraum wird ab Verfahrenseröffnung betrachtet. Der anteilige Berichtszeitraum fängt mit der Verfahrenseröffnung an und endet bei der Verfahrensaufhebung.
(…)
Inhalt
Die kommende Ausgabe INDat Report 05_2025 erscheint am 02.07.2025.
Am 11.06.2025 ist Anzeigenschluss, alle weiteren Termine finden Sie auf www.der-indat.de.
Aktuelle Ausgabe: 14.05.2025
Umfang: 72 Seiten
Professoren & Hochschulen (aus 02_2025)
Vertreter vernachlässigter rechtlicher Schnittstellen
Prof. Dr. Sebastian Mock
Die junge Verwaltergeneration
Das erste Mal seinen Namen lesen können
Konstantin Handschumacher