- Anstieg wird erst zum Ende des Jahres erwartet
- Auftrieb bei den Verfahrensausgängen: Für 72 Prozent bereits eine Lösung gefunden
2. Juni 2021. Düsseldorf/Frankfurt. Die Großinsolvenzen bleiben in den ersten drei Monaten des Jahres 2021 weiter auf Tiefflug. Lediglich 15 Firmen mit einem Umsatz größer 20 Mio. Euro stellten im ersten Quartal 2021 einen Antrag. Damit setzt sich der Trend der sinkenden Antragszahlen, der im vergangenen Juni begonnen hatte, trotz einer der größten wirtschaftlichen Krisen fort. In den drei Monaten vor dem Jahreswechsel registrierten die Amtsgerichte noch 37 Insolvenzen. Das entspricht einem Minus von 59 Prozent. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum sank die Quote sogar um 68 Prozent. Damals meldeten 47 Großunternehmen eine Insolvenz an. Weniger Firmenpleiten gab es zuletzt im zweiten Quartal 2018 und im ersten Quartal 2016 mit jeweils 13 Anträgen, so die Ergebnisse des Finance Insolvenz-Reports „5 nach 12“ der Unternehmensberatung Falkensteg.
„Die Insolvenzwelle wird wohl nicht kommen, auch nicht durch das Wiederscharfschalten der Insolvenzantragspflicht seit Anfang Mai. Ich erwarte eher einen leichten und gedehnten Anstieg zum Ende des Jahres. Dabei werden die Anträge je nach Branche schneller oder langsamer zunehmen“, prognostiziert Autor und Falkensteg-Partner Johannes von Neumann-Cosel. Letztlich habe die Politik ihr primäres Ziel erreicht, die Insolvenzen bis zur Bundestageswahl Ende September nicht in die Höhe schießen zu lassen. Über 100 Milliarden Euro hat der Staat allein im vergangenen Jahr für die Hilfsmaßnahmen ausgegeben. Wie schnell die Pleiten Ende des Jahres zunehmen werden, hängt besonders vom Auslaufen dieser Unterstützungen ab.
Hilfsmaßnahmen sollen verlängert werden
So hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Vorstoß angekündigt, die Möglichkeiten des Kurzarbeitergeldes in vollem Umfang bis Ende September zu verlängern. Arbeitgeber sollen die Sozialversicherungsbeiträge für Kurzarbeiter in voller Höhe erstattet bekommen. Bislang gilt diese Regelung bis Mitte des Jahres. Dazu müssten die bisher für 2021 eingeplanten rund 20 Milliarden Euro nochmals deutlich erhöht werden. Die zusätzlichen Kosten bezifferte Heil auf etwa 2,6 Milliarden Euro. Zwischen Februar 2020 und April 2021 gab der Bund für die Kurzarbeit rund 30,1 Mrd. Euro aus. Eine Verlängerung wird es auch bei den Corona-Krediten der KfW-Bank bis Jahresende geben. Eigentlich wäre das Hilfsprogramm, bei dem die Bundesregierung zwischen 80 und 100 Prozent des Haftungsrisikos für Kreditausfälle übernimmt, in diesem Sommer ausgelaufen.
Bisher verzeichnete die KfW nach eigenen Angaben 300 Millionen Euro an „faulen“ Corona-Krediten. Die Ausfallrate könnte jedoch weiter steigen, wenn die Tilgungsaussetzung bei den meisten KfW-Krediten nach ein bis zwei Jahren beendet ist. „Die Frist wird bei den meisten Krediten bald erreicht sein. Dabei bleibt es fraglich, ob Unternehmen mit einem margenschwachen Geschäftsmodell die Kreditkosten überhaupt tragen können. Wenn nicht, könnte eine Insolvenz folgen“, so von Neumann-Cosel.
Auftrieb bei den Verfahrensausgängen
Die Verfahrensausgänge haben im ersten Quartal 2021 deutlich an Fahrt aufgenommen. Bei 130 der insgesamt 181 Verfahren aus 2020 oder 72 Prozent konnten die Insolvenzverwalter oder Sachwalter bereits eine Lösung finden. Im Vorjahreszeitraum lag die Umsetzungsquote lediglich bei 57 Prozent. Für 69 Firmen (38 Prozent) fand sich ein Investor und 33 Unternehmen (18 Prozent) wurden durch einen Insolvenzplan saniert. Lediglich in 26 Fällen musste der Betrieb eingestellt werden.
Relativ gleich hat sich über alle Verfahrensarten die Umsetzungsquote entwickelt. Drei von vier Schutzschirmverfahren sind bereits beendet. In der Eigenverwaltung konnten 73 Prozent und in der Regelinsolvenz 71 Prozent einer Lösung zugeführt werden. Dabei sticht mit 74 Prozent, in der Regelinsolvenz, der Asset Deal heraus. In den anderen Regelinsolvenzen wurde das Unternehmen liquidiert, der Betrieb eingestellt oder es wurde Masseunzulänglichkeit angezeigt. Im Schutzschirmverfahren dominiert der Insolvenzplan mit 65 Prozent vor dem Unternehmensverkauf mit 22 Prozent. Wurde die vorläufige Eigenverwaltung gewählt, dann endete das Verfahren in 43 Prozent der Fälle in einem Asset Deal und in 38 Prozent der Fälle wurde der Insolvenzplan von den Gläubigern angenommen.
Über den Insolvenz-Report „5 nach 12“
Die Restrukturierungsberatung Falkensteg recherchiert für den Insolvenzreport alle drei Monate das Insolvenzgeschehen. Dazu werden Informationen des Insolvenz-Portals, der Creditreform, des Statistischen Bundesamtes sowie von Insolvenzverwaltern ausgewertet und mit eigenen Analysen ergänzt. Während andere Statistiken die eröffneten Insolvenzzahlen auswerten, konzentriert sich der Insolvenzreport bereits auf die angemeldeten Insolvenzen. Durchschnittlich liegt zwischen der Anmeldung und der Eröffnung ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten. Damit dient der Insolvenzreport als Frühindikator bei den Großinsolvenzen.