Titelthema | Peter Reuter | INDat Report 03_2015 | Mai 2015

RefE zur Reform der Vorsatzanfechtung
Mehr Rechtssicherheit oder etwa das Gegenteil?

Es rumorte schon seit Längerem, doch im Oktober 2013 brachte eines der Positionspapiere der Wirtschaftsverbände den Ärger über die Insolvenzanfechtung zum Kochen: »Ausufernder Anwendungsbereich der insolvenzrechtlichen Vorsatzanfechtung lähmt Unternehmens­praxis«. Diesem Papier des BDI und des ZDH folgten zahlreiche Vorstöße aus Wirtschaftskreisen, wie das Schreiben von acht Verbänden an Bundesjustizminister Heiko Maas vom 17.02.2015, die eine »Korrektur bestehender Defizite« bei der Vorsatzanfechtung nochmals einforderten, um erhebliche Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Vor allem in der zu extensiven Auslegung der BGH-Rechtsprechung sehen sie die Ursache für die beklagte Entwicklung, die sich für Unternehmen existenzbedrohend auswirke. Während Verwalterverbände, unterstützt von Lehre und Forschung, den Vorwürfen heftig widersprachen, leistete das BMJV eine Vorarbeit mit einem Eckpunktepapier, das unbeabsichtigt nach außen drang. Diese Vorschläge mündeten in
einem Sturm der Entrüstung, wobei auch Rechtspolitiker der Koalition diese Ansätze nicht unterschreiben konnten. Somit skizzierten sie am 16.12.2014 mit dem BMJV einen Kompromiss, den das Ministerium nun in dem »Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz« vom 16.03.2015 zu Papier brachte. Kann dieser Entwurf die geforderte Rechtssicherheit für den Wirtschafts­verkehr und die Arbeitnehmer wirklich liefern? Dazu äußern sich MdB Christian Lange (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im BMJV, RA Dr. Michael Malitz (Taylor Wessing) und RA Bernhard Stehfest (BDI), einer der Verfasser des BDI/ZDH-Positionspapiers.

Die Änderungen schaffen mehr Rechtssicherheit
Berlin. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hatte am 16.03.2015 den »RefE eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz« Verbänden und Fachkreisen zugeleitet und um deren Stellungnahme bis Mitte Juni dieses Jahres gebeten. Bundesjustiz-minister Heiko Maas (SPD) stellte dann diesen Entwurf in Grundzügen am 19.03.2015 auf dem Deutschen Insolvenzrechtstag in Berlin erstmalig der (Fach)Öffentlichkeit vor. Peter Reuter fragte MdB Christian Lange (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im BMJV, ob die im RefE verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe nicht neue Rechtsunsicherheiten schaffen können, was »Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs« bedeuten und ob die für bestimmte Fälle erfolgte Begrenzung der Vermutung auf die angetretene Zahlungsunfähigkeit nicht im Widerspruch zu den Zielen des ESUG steht.
INDat Report: Der RefE eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz soll dem Wirtschaftsverkehr und den Arbeitnehmern mehr Planungssicherheit geben. Es fällt auf, dass der RefE einige unbestimmte Rechtsbegriffe wie »unangemessene Benachteiligung« und »ernsthafter Sanierungsversuch« verwendet. Da diese im Einzelnen erst durch die Rechtsprechung konkretisiert werden müssten, befürchten Sie dadurch nicht neue und lang anhaltende Rechtsunsicherheiten? Unter »ernsthafter Sanierungsversuch« soll auch der bereits begonnene zu fassen sein?
Lange: Diese Sorge habe ich nicht. Wir haben in der Begründung des Referentenentwurfs ausführlich dargelegt, wann eine Rechtshandlung auf eine »unangemessene« Benachteiligung gerichtet ist. Mit dem Unangemessenheitsmerkmal wollen wir eine Differenzierung unterschiedlicher Fallgestaltungen im Rahmen der Vorsatzanfechtung erleichtern. Bei den »klassischen« Fällen wie Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen muss die Vorsatzanfechtung ein »scharfes Schwert« bleiben. Insoweit liegt die Unangemessenheit gewissermaßen auf der Hand. Die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen, namentlich von kongruenten Deckungen, wollen wir mit dem neuen Merkmal hingegen erschweren. Außerdem wollen wir »Safe Harbour«-Regelungen schaffen, also im Gesetz diejenigen Fallgruppen benennen, bei denen eine unangemessene Benachteiligung nicht vorliegt und eine Vorsatzanfechtung mithin ausscheidet. Das schafft zusätzliche Rechtssicherheit. Eine dieser Fallgruppen wird sein, dass die Handlung des Schuldners Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs ist. Insoweit knüpfen wir mit Bedacht an die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung an. Auf diese Rechtsprechung wird man daher auch künftig zurückgreifen können. Dies gilt vor allem für die Frage, wann ein Sanierungsversuch »ernsthaft« ist. Mit der bisherigen Rechtsprechung ist insoweit ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept zu fordern, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt ist und das beim Schuldner die begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt.

(…)

Editorial | Peter Reuter | INDat Report 03_2015 | Mai 2015

Gut Ding braucht Weile?

Der viel beschworene Prüfauftrag aus dem Koalitionsvertrag ist abgeschlossen: Das BMJV hat nach den letzten zähen Debatten überraschend schnell einen RefE zur Reform des Insolvenzanfechtungsrechts vorgelegt, nachdem Wirtschaftslobbyisten seit Mitte 2013 den Druck auf die Politik stetig erhöht hatten.

Der RefE trägt natürlich (noch) eine kräftige Ministeriumshandschrift. Anzunehmen ist, dass die weiteren Diskussionen in den Stellungnahmen der Verbände und in der Anhörung nicht minder hitzig verlaufen werden als die bisherigen.

Als »erledigt« abhaken würde man gerne die dritte Reformstufe der Vorgängerregierung. Doch beim Konzerninsolvenzrecht scheint man sich in Details verhakt zu haben. Da Europa inzwischen Berlin bei einer Regelung zur Konzerninsolvenz mit der im Mai im Europäischen Parlament verabschiedeten Reform der EuInsVO überholt, glauben BMJV und MdB, das kritisierte Konstrukt des Koordinationsverfahrens »gesichert« zu haben, da es die EuInsVO auch kennt – allerdings sind beide Modelle alles andere als deckungsgleich.

Auf der Agenda steht im Übrigen noch die ESUG-Evaluation, die erst 2017 in Gang kommen soll. Dass diese Untersuchung früher startet, erscheint immer unwahrscheinlicher, obwohl die Praxis den Nachjustierungsbedarf dringend anmahnt.
Eine aktuelle Zahl untermauert das: Die aktuelle Studie der Boston Consulting Group zu drei Jahren ESUG spricht davon, dass der Anteil der »gescheiterten« Eigenverwaltungen kontinuierlich steige – über 40 Prozent der beantragten Verfahren gingen über in die Regelinsolvenz. Ein Anlass zum früheren Tätigkeitwerden?

Austria | Priv.-Doz. Mag. Dr. Henriette Duursma-Kepplinger, LL. M., M.A.S., LL. M. | INDat Report | Mai 2015

Eine juristische Person als Insolvenzverwalter? – Einige Gedanken zur aktuellen deutschen Diskussion im Lichte der Erfahrungen in Österreich

Die Verfassungsbeschwerde einer Insolvenzverwalter-GmbH, deren Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste für Insolvenz-verwalter in allen Instanzen mit der Begründung abgelehnt wurde, § 56 InsO stehe der Bestellung einer juristischen Person entgegen, hat in Deutschland eine Debatte über die Verfassungsmäßigkeit des § 56 InsO ausgelöst (vgl Standpunkte von Römermann, INDat Report 01_2015, 20 ff. und Siemon, INDat Report 02_2015, 26 ff.).

Die Sicht des BGH entspricht der hL (z. B. Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 56 Rdnr 11; Graeber/MünchKomm-InsO, § 56 Rdnr  15; Lüke/Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 56 Rdnr 6; Eickmann/HK-InsO, § 56 Rdnr 9). Im Kern begründete der BGH den Ausschluss juristischer Personen von der Insolvenzverwaltung in seinem Beschl. v. 19.09.2013 – IX AR (VZ) 1/12 mit der Höchstpersönlichkeit der Stellung des Insolvenzverwalters (krit. Römermann, INDat Report 01_2015, 20 ff.). Diese werde durch die Struktur einer juristischen Person nicht hinreichend gewahrt. Insbesondere beträfe dies die höchstpersönliche Amtswahrnehmung durch einen gegenüber Gericht und Verfahrensbeteiligten auftretenden Entscheidungsträger. Bei juristischen Personen ergäben sich Defizite in Bezug auf die Gerichtsaufsicht sowie die strafrechtliche und schadenersatzrechtliche Verantwortlichkeit. Die Kontinuität des Verwaltersamts sei gefährdet. Bedingt durch die Struktur der juristischen Person bestehe eine unverhältnismäßige Erschwernis der internen Willensbildung, was sich zudem nachteilig auf die Beurteilung der Unabhängigkeit auswirke.

Dagegen wendet sich eine Literaturströmung, wonach § 56 InsO im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 I GG i. V. m. Art. 19 III GG) verfassungswidrig sei. Das Ziel dieses Beitrags besteht darin, die Argumente dieser neueren Lehre im Lichte der – vom »E-contrario-Verbot« des § 56 InsO abgesehen – vergleichbaren österreichischen Rechtslage und Insolvenzpraxis einer Prüfung zu unterziehen.

Auch in Österreich hat der Insolvenzverwalter sein Amt höchstpersönlich (arg § 81 IV IO: »selbst«) auszuüben. Dennoch ist die Insolvenzverwaltung nicht natürlichen Personen vorbehalten. Gem. § 80 V IO kann auch eine juristische Person zum Insolvenzverwalter bestellt werden. Sie hat dem Gericht bekanntzugeben, wer sie bei der Insolvenzverwaltung vertritt. Die Bestellung juristischer Personen als Insolvenzverwalter kann im österreichischen Recht auf eine lange Tradition zurückblicken. Bereits § 30 VI Ausgleichsordnung i. d. F. 1934 erlaubte die Bestellung einer juristischen Person zum Ausgleichsverwalter. Im Zuge des IRÄG 1982 wurde eine entsprechende Parallelbestimmung in Gestalt des § 80 V KO eingeführt. Selbst im Konkurs über ein Kreditinstitut kann gem. § 82 IV BWG eine juristische Person zur Aufsichtsperson bestellt werden.

Obgleich einzelne Aspekte bei der Bestellung juristischer Personen Raum für Wertungsfragen lassen, gab es in Österreich keine vergleichbare Diskussion, wie sie derzeit in der deutschen Insolvenzlandschaft stattfindet. Ein Grund dafür mag sein, dass in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts als erstmals juristischen Personen die Türe für die Verwaltertätigkeit geöffnet wurde, sowohl die Insolvenzrechtswissenschaft als auch die Insolvenzpraxis noch nicht auf dem hohen Niveau von heute waren. Ein anderer mag darin bestehen, dass der Gesetzgeber die Gefahren, welche vonseiten der deutschen hA und Rspr. in der Betrauung einer juristischen Person mit dem Verwalteramt gesehen werden, für bewältigbar erachtete. Dass dies zutrifft, zeigt ein Blick auf die österreichische Insolvenzpraxis auch juristische Personen zum Insolvenzverwalter zu bestellen. Dies unterbliebe, wenn die Gerichte dadurch Kommunikationsdefizite, Erschwernisse der internen Willensbildung, Diskontinuität im Verwalteramt, Hemmnisse der Gerichtsaufsicht oder Risiken durch die Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der juristischen Person in Kauf zu nehmen hätten oder befürchten müssten.

Der Hauptunterschied zwischen österreichischer und deutscher Rechtslage besteht darin, dass § 80 V IO die Bestellung juristischer Personen erlaubt, während § 56 InsO explizit nur auf natürliche Personen abstellt. Hierin ist, entgegen dem BGH, kein tragfähiges Argument dafür zu erblicken, dass die Einschränkung des § 56 InsO verfassungskonform wäre. Wie Römermann (a.a.O.) zutreffend kritisiert hat, handelt es sich hierbei um einen circulus in demonstrando. Die Beschränkung der Insolvenzverwaltung auf natürliche Personen wäre nur dann verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, wenn gerade im Hinblick auf die Anforderungen und Schutzziele des Verwalteramts die Wesensunterschiede zwischen natürlicher Person und juristischer Person so gravierend wären, dass der Ausschluss juristischer Personen sachlich zu rechtfertigen und das Schutzziel nicht durch gelindere Mittel ebenso erreichbar wäre:

Ad Höchstpersönliche Wahrnehmung
insolvenzspezifischer Pflichten:


Diese trifft auch in Österreich den Verwalter, gleich ob natürliche oder juristische Person. Für einzelne Tätigkeiten können sowohl Personen aus der Kanzleiorganisation des Verwalters als auch Dritte, durch das Gericht bestellte Personen (§ 81 IV  IO) herangezogen werden. Folglich ist auch eine natürliche Person keineswegs verpflichtet, jede einzelne Agenda höchstpersönlich wahrzunehmen. Eine solche Betrachtungsweise wäre bei Großinsolvenzen nicht nur weltfremd, sondern faktisch unmöglich. Da die Kanzleiorganisation ein Bestellungskriterium bildet, vermag die Delegation einzelner Aufgaben kein Argument dafür darstellen, juristische Personen von der Insolvenzverwaltung auszuschließen.

Ad Kommunikationsdefizite und Diskontinuität
bei der Bestellung juristischer Personen:


Gem. § 80 V IO hat eine juristische Person jene Person namhaft zu machen, welche für sie die Insolvenzverwaltungstätigkeit wahrnimmt. Hierdurch ist für das Gericht sowie die übrigen Verfahrensbeteiligten klargestellt, welche natürliche Person konkret Ansprechpartner ist. Die Gefahr, dass durch die Bestellung einer juristischen Person eine Diskontinuität in der Verwalterstellung infolge eines möglichen Wechsels der intern zuständigen natürlichen Personen eintritt, war bislang in Österreich nicht Gegenstand einer Debatte. Gerade bei Großinsolvenzen besteht die Tendenz, einzelne Aufgabenbereiche der Verwaltung vom Insolvenzverwalter abzuziehen und besonderen Verwaltern i. S. d. § 86 IO zu übertragen.

Ad Interne Willensbildung und Unabhängigkeit:

Jene Argumente, die vom BGH in Bezug auf Probleme der internen Willensbildung und negative Auswirkungen auf die Verwaltertätigkeit ins Treffen geführt wurden, sind m. E. vernachlässigbar. Diese Problematik regelt sich in der Insolvenzpraxis von selbst (vgl. auch Römermann, a. a. O.). Eine juristische Person, die nicht in der Lage ist, so zeitnah eine Entscheidung zu treffen, wie es die Tätigkeit als Insolvenzverwalter erfordert, wird vom Insolvenz-gericht, welches aus einer Vielzahl potenzieller Verwalter wählen kann, gewiss nicht noch einmal bestellt werden. Zumal aufgrund der Wettbewerbssituation in der Insolvenz-verwalterbranche jeder Verwalter bestrebt ist, seine Tätigkeit sorgfältig, effizient und in Abstimmung mit dem Gericht auszuüben, kann die Praxis hier theoretische Bedenken zerstreuen.

Problematischer ist die Prüfung der Unabhängigkeit und der fachlichen Befähigung zum Insolvenzverwalter. Insofern entspricht es der Lehre, dass Privatstiftungen, die EWIV oder Gebietskörperschaften als Insolvenzverwalter nicht in Betracht kommen. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (dazu Chalupsky/Duursma-Kepplinger/Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenz-recht III, §  80 Rdnr 29 mwN).

Unterschiedliche Auffassungen bestehen in der Lehre darüber, wer im Fall der Bestellung einer juristischen Person die Bestellungsvoraussetzungen zu erfüllen hat. Mit der hA wird das Unabhängigkeitsgebot des § 80 III IO sowohl von der juristischen Person selbst als auch von der namhaft gemachten natürlichen Person erfüllt werden müssen. Dies wird dabei streng gehandhabt, und Interessenkollisionen sowohl auf die Gesellschafter als auch auf die vertretungsbefugten Organe hin werden geprüft (Chalupsky/Duursma-Kepplinger, a.a.O. § 80 Rdnr 32).

Auch die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen müssen sowohl von der als Insolvenzverwalter bestellten juristischen Person als auch von der namhaft gemachten natürlichen Person erfüllt werden. Dies folgt aus der Überlegung, dass letztere, je nach ihrer Stellung als Organ oder Angestellter, gegenüber der juristischen Person unter Umständen weisungsgebunden ist. Bei den fachlichen Voraussetzungen schränkt die Lehre diese Wertung insofern ein, als sie es ausreichen lässt, wenn zumindest eines der vertretungsbefugten Organe die fachlichen Voraussetzungen zur Insolvenzverwaltung erfüllt und diese auch bei der namhaft gemachten, die Verwaltung wahrnehmenden natürlichen Person vorliegen (Chalupsky/Duursma-Kepplinger, a. a. O. § 80 Rdnr. 32).

Ad Wirtschaftliche Risiken infolge Beschränkung der
Haftung auf das Gesellschaftsvermögen:


Die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen mag a prima vista geeignet erscheinen, Risiken in sich zu bergen. Allerdings rüttelt man damit an den Grundfesten des Rechts der Kapitalgesellschaften, welche in erster Linie als Insolvenzverwaltergesellschaften in Betracht kommen. Der eingeschränkten Haftung der Gesellschafter steht das Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsprinzip in Verbindung mit der Verpflichtung bereits bei Überschuldung den Insolvenzantrag zu stellen gegenüber. Im Übrigen treffen juristische Personen strengere Vorschriften über das interne und externe Rechnungswesen, was ebenfalls das Risiko einer verspäteten Erkennung einer Krise im Gegensatz zu natürlichen Personen vermindert.

Auch handelt es sich um eine Fehlvorstellung, dass ein Mensch ob seiner »natürlichen Ertragskraft« einen »unbeschränkten« Haftungsfonds aufweise. Im Gegenteil bestehen für natürliche Personen, die Unternehmen betreiben, weitreichende Möglichkeiten, sich im Insolvenzfall von ihren Schulden zu befreien. In Österreich begegnet man dem durch das Abstellen auf eine entsprechende Haftpflichtversicherung. Dies ist in der Insolvenzverwalterliste anzugeben. Die Frage des Haftungsrisikos hat im österreichischen Recht im Zusammenhang mit Insolvenzverwaltergesellschaften bislang wenig Beachtung gefunden. Bei der Zulassung des Zusammenschlusses von Rechtsanwälten in Gesellschaften mit beschränkter Haftung gab es eine vergleichbare Diskussion. Diese wurde jedoch nicht zum Anlass genommen, Rechtsanwälten den Zusammenschluss in dieser Gesellschaftsform zu untersagen; ganz im Gegenteil: Dieses Recht wurde Gesetz.

Resümierend sprechen die besseren Argumente für die Zulassung juristischer Personen als Insolvenzverwalter. Zwar haben einige der vom BGH aufgezeigten Gegenargumente im Kern Berechtigung. Diese sind jedoch nicht geeignet, die Bestellung von juristischen Personen generell zu untersagen. Vielmehr sind diese Aspekte im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu prüfen und legistisch zu regeln. Österreich kann hierfür als Beispiel dienen.

Inhaltsverzeichnis

3
Editorial
6
Namen & Nachrichten
7
INDat Barometer I
 
8
Im Gespräch
RA Dr. Lucas F. Flöther, Sprecher des Gravenbrucher Kreises
Weiterhin exklusiv und gewichtig
9
Namen & Nachrichten
 
 
10
Titel
RefE zur Reform der Vorsatzanfechtung
Mehr Rechtssicherheit oder etwa das Gegenteil?
13
Im Gespräch
Christian Lange (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im BMJV
Die Änderungen schaffen mehr Rechtssicherheit
14
Standpunkt
RA Dr. Michael Malitz
Rechtssicherheit und materielle (Schein-)Gerechtigkeit
16
Standpunkt
Bernhard Stehfest, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)
Bundesregierung legt ersehnten Entwurf zur Eingrenzung der Vorsatzanfechtung vor
18
Berater & Kanzleien
Dr. Sascha Haghani und Dr. Rainer Bizenberger (Roland Berger Strategy Consultants)
Full-Liner für alle Facetten
22
Standpunkt
Priv.-Doz. Mag. Dr. Henriette Duursma-Kepplinger
Eine juristische Person als Insolvenzverwalter? Einige Gedanken aus österreichischer Sicht
24
Verwalter & Kanzleien
RA Stefan Denkhaus (BRL Boege Rohde Luebbehuesen)
Immer gemeinsam jagen
28
Im Gespräch
RA Dr. Bruno M. Kübler
Schmusekurs ist seine Sache nicht
30
Standpunkt
RAin Dr. Alexandra Schluck-Amend und RA Patrick Zittlau
Die »neue« EuInsVO – Auswirkungen auf die tägliche Praxis
32
Im Gespräch
Hon. James M. Peck
»Mediation war großer Erfolg bei Lehman«
34
Kongresse & Tagungen
NIVD-Frühjahrsdialog in Wiesbaden
Insolvenzverwaltung eine »heilige Kuh«?
38
Schwerpunkt: Beratermarkt
Ehrenamtliche Beratung von IHKs
Kostenlos, aber nicht umsonst?
40
Kongresse & Tagungen
BDU-Fachkonferenz Sanierung in Königswinter
Krisen in Bahnen lenken
43
 
Heidelberger Symposium zur Unternehmensrestrukturierung
Anregend, lehrreich, spannend
46
 
12. Deutscher Insolvenzrechtstag in Berlin
Den drei Gewalten auf den Zahn gefühlt
56
 
12. Jahrestagung der AG Zwangsverwaltung des DAV in Berlin
Rege Rechtsprechung
58
Symposien & Vorträge
5. ISR-Abendsymposium in Düsseldorf
Ungeklärte Haftung in der Eigenverwaltung
61
 
Handelsblatt-Jahrestagung
»Doppelnützige Treuhand« in Berlin Sie lebt, die Doppeltreuhand
63
Statistik
 
Top 30 Verwalter, Top 30 Kanzleien, Top 10 Gerichte
64
Statistik 1. Quartal 2015
 
Verwalter und Kanzleien mit einzelnen Verwaltern in den 16 Bundesländern
83
INDat Barometer II
 
 
86
Veranstaltungen, Impressum, Vorschau