Titelthema | Rechtsanwalt/Wirtschaftsmediator Torsten Steinwachs, Frankfurt am Main | INDat Report 06_2017 | August 2017

Versicherung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses Druck von Masse nehmen: Versicherung geht günstiger

Frankfurt am Main. Rund um das Insolvenzverfahren gibt es viele Risiken zu versichern. Für die Versicherungsbranche insgesamt zwar ein Spartengeschäft, das dennoch lukrativ erscheint, z. B. für die Allianz, AXA oder HDI sowie weitere fünf Anbieter. Neben der festen Größe der Insolvenzverwalter für Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen rückt mit dem ESUG der (vorläufige) Gläubigerausschuss immer mehr in den Fokus der Versicherer, der seit der Reform vom 01.03.2012 häufiger zum Einsatz kommt. Die erweiterten Aufgaben und Überwachungspflichten ihrer Mitglieder bezeichnen manche sogar als gefahrgeneigte Tätigkeit, die bestmöglich versichert gehört. Im Wettbewerb der Assekuranzen unterscheiden sich aber die Preise, doch der Vergleich scheint nicht immer in den Insolvenzverfahren gefragt zu sein. Der anscheinend schnell greifbare Versicherer des Verwalters muss nicht immer das günstigste Angebot unterbreiten, der Blick auf verschiedene Angebote kann sich für die Masse über die Jahre betrachtet wirklich auszahlen. Auf diese »Vergleichsrechnung«, so hört man, drängen einige Gläubiger und Insolvenz­gerichte in ihren Insolvenzverfahren. Verblüffend oder doch nicht: Nicht jeder Interessent einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung erhält beim selben Versicherer das gleich günstige Angebot.

Der (vorläufige) Gläubigerausschuss wurde spätestens mit dem Inkrafttreten des ESUG am 01.03.2012 stark aufgewertet. In mittlerweile fast jedem größeren Insolvenzverfahren wird ein derartiger Gläubigerausschuss gebildet. Die dort vertretenen Gläubiger üben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Gang des Verfahrens aus. Gleichzeitig hat sich aber auch die Haftungsgefahr weiter ausgedehnt. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass zumindest in den vorläufigen Gläubigerausschüssen nur direkte Gläubiger des Verfahrens vertreten sein dürfen. Warum dies ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr notwendig ist, ist sicherlich kritisch zu sehen, soll aber an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.
Damit einhergehend sind nunmehr aber auch Mitglieder im Gläubigerausschuss, welche oftmals zum ersten Mal einem derartigen Gremium angehören. Dies wiederum stellt nicht nur eine Herausforderung für Sachwalter und Insolvenzverwalter, sondern insbesondere auch für die professionellen Mitglieder im Gläubigerausschuss dar. Verbunden mit der größeren Bedeutung des Gläubigerausschusses sowie der Mitgliedschaft von unerfahrenen Gläubiger­ausschussmitgliedern erhöht sich die potenzielle Gefahr einer Haftung des Gläubiger­ausschussmitglieds. Daher stellt sich die Frage, inwieweit man sich vor dieser potenziellen Haftung versichern sollte, worauf man bei einer derartigen Versicherung des Gläubigerausschusses achten muss. Hierbei kann der Verfasser aus seiner Erfahrung aus nunmehr 90 Gläubigerausschussmitgliedschaften sowie aus der Versicherung von Gläubigerausschüssen in mehreren Dutzend Verfahren, insbesondere in Eigenverwaltungsfällen, berichten.

Sinnhaftigkeit einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für die GA-Mitglieder

Während zunächst ein Aufsatz von Prof. Dr. Heribert Hirte für Aufregung sorgte, wonach derartige Vermögensschadenhaft­pflichtversicherungen unnötig seien, wenn man dem Geschädigten einen direkten Anspruch gegen die Insolvenzmasse zugestehen würde, so hat sich diese Ansicht nicht durchsetzen können. Es ist nunmehr zu Recht gefestigte Meinung, dass dem Gläubigerausschuss Anspruch auf Abschluss einer derartigen Versicherung zusteht. Der Bundesgerichtshof geht sogar so weit, dass er dem einzelnen Gläubigerausschussmitglied quasi ein Rücktrittsrecht zugesteht, aus dem Amt auszuscheiden, sobald Prämien für eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nicht geleistet werden.

Wer trägt die Kosten für die
Haftpflichtversicherung?

Beim Insolvenzverwalter findet sich eine Regelung zu der Haftpflichtversicherung im §  4  InsVV. Es fehlt allerdings eine derartige Regelung bezüglich Kosten der Versicherung des Gläubigerausschusses. Hier hat sich nunmehr die Meinung durchgesetzt, dass den Mitgliedern des Gläubigerausschusses analog §  9  InsVV ein Anspruch auf einen Vorschuss auf die Auslagen zusteht. Da, wie noch aufzuzeigen ist, die Kosten einer derartigen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nicht gerade gering sind, ist es den Mitgliedern des Gläubigerausschusses nicht zuzumuten, die Auslagen vorzustrecken. Die Gläubiger­ausschussmitglieder sind auch berechtigt, den Vorschuss geltend zu machen, obwohl von ihnen die Prämie noch nicht entrichtet wurde, sondern diese direkt von der Insolvenzmasse zu tragen sind.

(…)

Editorial | Peter Reuter | INDat Report 06_2017 | August 2017

Nach langem Sinkflug auf Boden der Tatsachen gelandet

Diese Reaktion wünschen sich viele Schuldner: Die Bundes­regierung stimmt einem Überbrückungskredit für die insolvente Air Berlin durch die KfW zu und sichert die 150 Mio.  Euro durch eine Bundesbürgschaft ab. Das ermögliche die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs, teilte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries mit. Die Sommerferien dauerten schließlich noch an. Laut Air Berlin fliege die Flotte ohne Unterbrechung und Tickets könnten weiter gekauft werden, ergänzte die Ministerin. Das alles diene dem Schutz der Verbraucher. Dass man damit den Arbeitnehmern von Air Berlin helfen will, kam in ihrem Statement nicht vor.

Der Verbraucherschutz gab also den Ausschlag. Das Schlimmste, was mit sofortiger Einstellung des Flugbetriebs hätte passieren können: Urlauber hätten an freiwillig gewählten Destinationen etwas länger in der Sonne verweilen müssen. Ob man das als Chaos bezeichnen muss, sei einmal dahingestellt.

Ungeachtet, was Brüssel im Wettbewerbskontext zu der staatlichen Finanzspritze sagt, erhob Justizminister Heiko Maas eine politische Forderung: Er plädiert für einen Insolvenzschutz, den auch Fluggesellschaftern über Reiseveranstalter hinaus ihren Kunden gewähren sollten. Genau betrachtet, trifft es doch den Einzelnen, der ein Ticket einer Billigairline verliert, gar nicht so hart. Sinnvoller wäre es, diesen Insolvenzschutz für z. B. Küchenhersteller vorzuschreiben. Hier gehen im Fall der Insolvenz ganz andere Beträge für den Einzelnen verloren.

Und noch eine Auffälligkeit: Der sich seit Jahren ankündigenden Insolvenz des Minusbetriebs gewährt das AG Charlottenburg für beide Gesellschaften eine vorläufige Eigenverwaltung, mit der man eigentlich einen frühzeitigen Insolvenz­antrag verbindet und Absichten für Unternehmenserhalt sowie Insolvenzplan. Sinn machte der Antrag schon: Durch den positiven Steuereffekt der vorläufigen Eigenverwaltung gibt es quasi eine zweite staatliche Finanzspritze. Und dass es anscheinend nur auf einen Teilverkauf an die Lufthansa hinausläuft, hatte Zypries in ihrem Statement bereits gesagt.

Ist also zu hoffen, dass diesem deutlich verspäteten Start dennoch eine sanfte Landung folgt – auch für die Arbeitnehmer der Airline.

Inhaltsverzeichnis

3
Editorial
 
6
Namen & Nachrichten
 
7
INDat Barometer I
 
8
Namen & Nachrichten
 
 
10
Titel
Versicherung des (vorläufigen) Gläubigerausschusses Druck von Masse nehmen: Versicherung geht günstiger
 
18
Berater & Verwalter
RA Jesko Stark und RA Dr. Gordon Geiser (GT Restructuring)
Schlanker Corpus, breiter Rücken
22
Standpunkt
RA Prof. Dr. Volker Römermann
Gute Gründe, schlechte Erfahrungen: Verwalterkammer nach BRAO-Vorbild?
27
Symposien & Vorträge
Vortrag beim Berlin/Brandenburger Arbeitskreis zum Brüsseler RLE
Kritisches Karlsruhe
28
Schwerpunkt: RLE zum präventiven Restrukturierungsrahmen
Wunsch nach mehr Flexibilität schlägt Idee der Harmonisierung
 
36
Kongresse & Tagungen
Europäischer Insolvenzrechtstag in Brüssel
Mit Kanonen auf Spatzen geschossen?
42
 
13. Mannheimer Insolvenzrechtstag
Verfassungslyrik auch für kleine Klitschen
48
 
Nachruf Olaf Messner
von Dr. Daniel Bergner
50
Kongresse & Tagungen
16. Oberbayerisches Insolvenzwochenende
Idyllisch abgeschieden für ein Update
54
Forschung & Studien
Forschungsprojekt »Herausforderungen moderner Schuldnerberatung«
Staat spart Geld durch Schuldnerberatung
56
Symposien & Vorträge
10. ISR-Abendsymposium
Der ESUG-Evaluation auf den Zahn gefühlt
58
Praktikersicht
Sanierungsgewinn in der Schwebe: Sind Insolvenzpläne noch umsetzbar?
 
66
INDat Statistik
Top 30 Verwalter, Top 30 Kanzleien, Top 10 Gerichte
 
67
INDat Barometer II
 
 
70
Veranstaltungen, Anzeigenübersicht, Impressum