Titelthema | INDat Report 09_2021 | November 2021

Die Sanierung einer kapitalmarktfinanzierten Gesellschaft mit den Instrumenten des StaRUG – ein Praxisbericht

Früh, schnell und fast geräuschlos

Der Gesetzgeber hat bekanntlich mit Wirkung zum 01.01.2021 in einem äußerst schnellen Gesetzgebungsverfahren das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen – kurz das StaRUG – eingeführt. Grundlage war die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1023, aber vor allem der Wunsch, einer zusehends durch die Covid-Beschränkungen bedrohten Wirtschaft ein Sanierungstool an die Hand zu geben, um den befürchteten »melt down« abzuwenden.

Im Unterschied zu einem Insolvenzverfahren, das schon wegen der Verfügungsbeschränkungen der Organe veröffentlicht wird, ist ein »StaRUG-Verfahren« grundsätzlich nicht öffentlich. Dies und die Tatsache, dass nur wenige Unternehmen oder ihre Berater davon überzeugt waren, dass diese Verfahrensform geeignet ist, die Restrukturierung eines Unternehmens voranzubringen, haben dazu geführt, dass von nur sehr wenigen Unternehmen bekannt ist, dass sie über das StaRUG eine wirtschaftliche Schieflage beseitigen wollten und konnten.

Bekanntlich kann mit einem StaRUG-Verfahren zum einen in die Struktur der Verbindlichkeiten eingegriffen werden (§  2 Abs.  1 und 2 StaRUG), zum anderen sind erhebliche Eingriffe in die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte möglich (§  2 Abs.  3 i. V. m. §  7 Abs.  4 StaRUG). Ein Eingriff in die Forderungen der Arbeitnehmer war nach der EU-Richtlinie untersagt; ebenso ausgeschlossen ist ein Eingriff in Dauerschuldverhältnisse, da der Rechtsausschuss diese Vorschrift aus dem RegE entfernt hatte. Gerade letztere Streichung führt dazu, dass viele Unternehmen des Einzelhandels, die besonders unter den Lockdowns leiden, für eine umfassende Restrukturierung den Weg über ein Insolvenzverfahren gehen müssen, wenn Eingriffe in Dauerschuldverhältnisse notwendig werden.

Festzuhalten ist damit, dass die Anzahl deutscher Unternehmen, die die Restrukturierung durch ein StaRUG-Verfahren versucht haben, nach mehr als einem Dreivierteljahr nach Geltung des StaRUG verschwindend gering ist. Soweit jedoch die wirtschaftlichen Umstände eines Unternehmens für eine Anwendung des StaRUG passend sind, kann mit einem gut vorbereiteten Verfahren ohne größere Beschränkung des laufenden Geschäftsbetriebs eine Restrukturierung umgesetzt werden. Eine größere Entschuldung oder eine Veränderung der Gesellschafterstruktur ist mit einem fast »minimalinvasiven« Verfahren in einem zeitlich engen Rahmen über die Regelungen des StaRUG möglich. Beachtenswert ist dabei aber, dass diese Verfahrensart, ähnlich wie ein Eigenverwaltungsverfahren, hohe Anforderungen stellt, die ein Unternehmen letztlich nur mit der Hilfe von hoch qualifizierten Beratern sicher bewerkstelligen kann. Das bedeutet, dass bei der heutigen Struktur des StaRUG vor allem mittlere und größere Unternehmen in der Lage sein werden, ein solches Entschuldungsverfahren erfolgreich zu durchlaufen, wobei aber auch die Anwendung auf geeignete kleinere Unternehmen nicht ausgeschlossen werden soll.

Der nachfolgend geschilderte Fall wird dies eindrucksvoll bestätigen.

Text: Rechtsanwälte Dr. Georg Bernsau (K&L Gates LLP), Hans Beyer (K&L Gates LLP),

Dr. Matthias Hofmann (Pohlmann Hofmann) und Nadja Raiß (K&L Gates LLP)

Inhaltsverzeichnis

3
Editorial
6
Anzeigenübersicht/Impressum
7
Statistiken
Barometer Land
8 Namen & Nachrichten
10 Titel Die Sanierung einer kapitalmarktfinanzierten Gesellschaft mit den Instrumenten des StaRUG – ein Praxisbericht
26
Im Gespräch
INSOL-Präsident RA Frank Tschentscher Mehr Ehrenamt als Alleinherrschaft
28
Verwalter & Kanzleien
StBin Dorit Aurich (Eckert Rechtsanwälte), StB Michael Merath (Schultze & Braun) und StB Jens Rüdiger (Bosse Rüdiger) im Porträt Die Performance macht den Unterschied
38 Standpunkt RiAG Frank Frind Anmerkung zum Ergebnispapier der Bund/Länder-AG »Vorauswahlliste« Bleibt die Berufszugangsregelung für § 56 InsO auf halber Treppe stehen?
40 Literatur & Rezensionen Neuer RWS-Kommentar zum StaRUG
42
Dissertationen zum Restrukturierungsund Insolvenzrecht Dr. Benedict Kebekus Die Gegenleistung in der Insolvenz
46 Hintergrund StaRUG: Wie die Risikofrüherkennung und Liquiditätsplanung bei KMUs gestaltet werden kann
56 Workshops & Vorträge Hochschulübergreifendes Thesenkolloquium in Zweibrücken Krisenerkennung, Einsatz von KI und Pandemieentwicklung
58 Kongresse & Tagungen Elfte SRH-Sanierungskonferenz in Heidelberg Wieder zurück auf dem Spielfeld
62
Symposien & Vorträge Onlinesymposium des Hamburger Kreises für Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht e. V. Steuerrecht in neuem Gewand
84
In eigener Sache Serie der INDat Erklärfilme Auf den Punkt gebracht