• Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nur zwei Monate nach Eröffnung und gut sieben Monate nach Antragstellung erfolgreich beendet
• Erfolgreicher strukturierter Bieterprozess trotz Corona-Lockdown –Übernahme durch Zeitfracht Gruppe sichert mehr als 2.600 Arbeitsplätze und
ermöglicht Zahlung einer erkennbaren Quote an die Gläubiger
• Erstmals Darlehen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) für Unternehmen in der Insolvenz
München, 31. August 2021 – Das von der Kanzlei Gerloff Liebler Rechtsanwälte maßgeblich begleitete Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung der Adler Modemärkte AG, Haibach, hat in mehrfacher Hinsicht Maßstäbe gesetzt. Nur gut sieben Monate nach Antragstellung und zwei Monate nach Verfahrenseröffnung am 1. Juli 2021 kann das Verfahren am heutigen Tag beendet werden – eine mit Blick auf Unternehmensgröße und Verfahrenskomplexität außergewöhnlich hohe Geschwindigkeit. Nach der Umsetzung des Insolvenzplans ist die Zeitfracht Gruppe aus Berlin neuer 100-prozentiger Eigentümer des Modehändlers. Das Übernahmekonzept sieht die Fortführung von gut 130 Filialen in Deutschland, Österreich, Luxemburg und der Schweiz vor, wodurch mehr als 2.600 Arbeitsplätze gerettet werden.
ADLER hatte am 11. Januar 2021 Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung nach § 270a Insolvenzordnung (InsO) beim Amtsgericht Aschaffenburg gestellt. Es war das erste große Verfahren, bei dem die seit Beginn dieses Jahres geltenden, deutlich strengeren Anforderungen an die Eigenverwaltung durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungs-Gesetz zur Anwendung kamen. Der Insolvenzantrag war Folge des Corona-bedingten Lockdowns, der im
vierten Quartal 2020 zur behördlich angeordneten Schließung nahezu aller ADLER-Standorte führte und die zuvor verzeichnete Erholung des operativen Geschäfts abrupt stoppte.
Zur Unterstützung bei der Sanierung ernannte das Unternehmen Rechtsanwalt Dr. Christian Gerloff als anerkannten Experten für Restrukturierungs- und Insolvenzfälle im textilen Einzelhandel zum Generalbevollmächtigten. Zum Sachwalter in dem Verfahren bestellte das Gericht Rechtsanwalt Tobias Wahl, Kanzlei Anchor Rechtsanwälte.
Trotz der erheblichen Einschränkungen durch den monatelangen Lockdown gelang es, einen lebhaften strukturierten Bieterprozess zu initiieren, der zu verbindlichen Übernahmeangeboten von mehreren Interessenten führte. Am 27. Juli 2021 stimmten die Gläubiger der Adler Modemärkte AG (ebenso wie die Gläubiger der Tochtergesellschaften ADLER Mode GmbH und ADLER Orange GmbH & Co. KG) auf den gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungsterminen
einstimmig dem Insolvenzplan zu und entschieden sich damit für das von der Zeitfracht Logistik Holding GmbH vorgelegte Übernahme- und Fortführungskonzept. Im Rahmen der Planumsetzung wurde das Grundkapital der Gesellschaft auf Null herabgesetzt; bei einer anschließenden Kapitalerhöhung übernahm Zeitfracht alle Aktien und wurde somit alleiniger Gesellschafter von ADLER. Die ADLER-Gläubiger können aus heutiger Sicht die Zahlung einer erkennbaren Quote auf ihre Forderungen erwarten.
Eine weitere Besonderheit ist, dass der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Mai ADLER ein Darlehen über 10 Mio. Euro zu marktüblichen Konditionen gewährte, um eine akute Liquiditätsnotlage zu überwinden. Damit wurde dieses von der Bundesregierung ins Leben gerufene Instrument zur Stabilisierung der Wirtschaft in Folge der Coronavirus-Pandemie erstmals auch bei einem insolventen Unternehmen angewendet.
Rechtsanwalt Dr. Christian Gerloff kommentiert: „Der Fall ADLER hat gezeigt, dass es auch unter schwierigsten Rahmenbedingungen möglich ist, in einem Insolvenzverfahren zügig zu einer Zukunftslösung zu gelangen, wenn alle Beteiligten gut miteinander kooperieren. Mein Dank geht an den ADLER-Vorstand und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an die Gläubiger und deren Vertreter, an Herrn Tobias Wahl als Sachwalter in dem Verfahren und an Zeitfracht
als neuen Eigentümer. Zudem ist den politischen Entscheidungsträgern dafür zu danken, dass der WSF am Ende doch einen entscheidenden Beitrag leisten konnte, um den Sanierungsprozess fortzusetzen. Diese Entscheidung hat ein Zeichen gesetzt, dass ein Insolvenzverfahren kein Ausschlusskriterium für den Staat sein darf, wenn es darum geht, Unternehmen bei der Überwindung der Corona-Folgen oder anderer unverschuldeter Notsituationen zu helfen.“