Stärkung des EU-Kapitalmarkts: Kommission strebt weitere Harmonisierung des Insolvenzrechts an

– Arbeitsgemeinschaft begrüßt Anstrengungen zur Stärkung und Weiterentwicklung des Binnenmarkts –

Berlin, 28.04.2021   Bei der Europäischen Kommission steht das Insolvenzrecht weiterhin auf der Agenda. Im Fokus steht eine stärkere Harmonisierung der nationalen insolvenzrechtlichen Regelungen mit dem Ziel, grenzüberschreitende Investitionen zu fördern. Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) begrüßt und unterstützt diese Initiative ausdrücklich.

Die EU-Kommission untersucht aktuell, ob und in welchen Bereichen eine Anpassung der nationalen Vorschriften zum Insolvenzrecht im grenzüberschreitenden Verkehr hilfreich sein kann. An der aktuellen Konsultation hat auch der Deutsche Anwaltverein teilgenommen (Stellungnahme hier). „Die erheblichen Unterschiede zwischen den Insolvenzgesetzen der einzelnen Mitgliedsstaaten führen zu einer Fragmentierung, die den freien Kapitalverkehr im Binnenmarkt behindern kann“, resümiert Rechtsanwalt Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. „Jetzt gilt es, an den richtigen Stellschrauben zu drehen, um eine Harmonisierung des Insolvenzrechts in der EU in den Bereichen herbeizuführen, in denen es sinnvoll und effektiv ist. Die planbare, rechtssichere Durchführung von Insolvenzverfahren über zwei oder mehr EU-Staaten hinweg ist eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung einer funktionierenden Kapitalmarktunion.“

Die heutige Situation erschwert es zum Bespiel, die mögliche Befriedigung der Forderungen und somit die Bewertung von Risiken einzuschätzen.

Die Arbeitsgemeinschaft sieht im Wesentlichen die Divergenzen in drei Bereichen kritisch: „Vor allem zu nennen sind die unterschiedlichen Rangklassen von Insolvenzgläubigern, also Vorrechte bestimmter Gläubigergruppen, die keinen Bezug zur Fortführung des Verfahrens haben und diese eher erschweren“, erläutert RechtsanwaltDaniel Fritz, Sprecher der Europagruppe in der Arbeitsgemeinschaft und persönlicher Experte der EU-Kommission für die Harmonisierung des europäischen Insolvenzrechts. „So lässt sich schwer begründen, warum ungesicherte Gläubiger untereinander unterschiedlich viel erhalten und insbesondere der Fiskus den ohnehin geschädigten Gläubigern auch noch die Quote abschöpft. Gerade daher werden auch schon Vorbehalte der Mitgliedsstaaten laut, die fürchten, dass Brüssel ihre Pfründe anfasst“, so Fritz.

Die beiden anderen Bereiche, in denen die Arbeitsgemeinschaft Anpassungsbedarf sieht, betreffen die Unterschiede bei der Durchsetzung insolvenzspezifischer Ansprüche, wie Anfechtung oder Haftung der Beteiligten, sowie die unterschiedlichen Pflichten der Geschäftsleitung im Falle einer drohenden und tatsächlichen Insolvenz.

Auch auf dem diesjährigen 10. Europäischen Insolvenzrechtstag (EIRC), veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung, wird die Harmonisierung des Insolvenzrechts ein zentrales Thema sein. Die Online-Tagung findet am 15. und 16. Juni 2021 statt. Nähere Informationen hier.