Editorial | INDat Report 09_2023 | November 2023

Imperiale Spekulationen

Größer könnte der Kontrast wohl kaum sein: Während Medien die Signa Holding von René Benko mit Real Estate und Retail aufgrund diverser Krisenanzeichen als schwankendes Imperium beschreiben, der geleakte Jahresabschluss 2022 die Holding »in tiefroten Zahlen« sieht und sich die in New York gelistete Signa Sports United N. V. (SSU) sowie bislang vier ihrer Gesellschaften mit rd. 1350 Beschäftigten in vorläufigen Insolvenzverfahren am AG Bielefeld befinden, vermittelt der Auftritt von Signa die schöne heile Welt. Die Luxusimmobilien, die exquisiten Hotels und namhafte Handelsunternehmen glänzen nur so auf der Website, die als Portfolio hinter Gesellschaften wie Signa Prime Selection AG (u. a. Elbtower Hamburg), Signa Department Store Group (u. a. Galeria Karstadt Kaufhof) und Signa Retail (u. a.  SSU) stehen. Wenn dort von Geld die Rede ist, dann weniger von Millionen, sondern gleich von Milliarden.

Beeindruckend ist auch der Beirat der Holding. Neben dem Vorsitzenden Benko vereint er Dr. Alfred Gusenbauer (Altbundeskanzler), Karl Samstag (Ex-Vorstandsvorsitzender der Bank Austria Creditanstalt), Prof. Roland Berger (Grandseigneur des internationalen Beraterwesens), Walid Chammah (Ex-Vorstandsvorsitzender Morgan Stanley International), Dr. Susanne Riess-Hahn (Altvizekanzlerin), Dr. Karl Stoss (Ex-Vorstand der Raiffeisen Zentralbank AG), Dr. Karl Sevelda (Ex-Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International) und Ernst Tanner (Verwaltungsratspräsident von Lindt & Sprüngli).

Ungetrübte Leistungsschau hin oder her – was bedeutet es für Marke und Gründer, wenn Real Estate und Retail Krisenanzeichen zeigen, wie reagieren internationale Investoren und die wohl das Gros der Investitionen tragenden Banken, wenn das Imperium schwächelt? Um im Bild zu bleiben: Kann sich das verflochtene Konstrukt als Kartenhaus entpuppen und die Finanzierer mit in den Strudel ziehen? Die Signa Holding GmbH hatte SSU zum 16.10.2023 eine verbind­liche Eigenkapitalzusage von 150  Mio. Euro gekündigt. Auch Galeria Karstadt Kaufhof hatte der Gesellschafter bis zu 200  Mio.  Euro zugesagt. Der Markt ist auch von Spekulationen getrieben – wer weiß das besser als René Benko?

Peter Reuter, Chefredakteur