Editorial | INDat Report 03_2025 | April 2025

Attraktivität des Arbeitgebers mit Wohlfühlfaktor bemessen

Einen größeren Strich durch die Rechnung zu machen als die EU-Kommission bei der Gewinnung neuer Insolvenzverwalter­innen und Insolvenzver­walter, ist kaum möglich. Als sie mit dem Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts für insolvente Kleinunternehmen ein letztendlich verwalterloses Insolvenzverfahren plante und bei genauer Betrachtung damit das Gros der Unternehmensinsol­venzen meinte, machte das die Branche schon recht nervös.
Man konnte auf einmal nicht mehr mit einer zukunftssicheren Profession werben, wenn sie doch für den größten Teil ihrer bisherigen Fälle abgeschafft werden sollte.

Heute von »viel Lärm um nichts« zu sprechen, wäre verfrüht, denn die Ratsverhandlungen für die Richtlinie laufen noch, aber inzwischen hat sich auch in der EU-Kommission wohl die Einsicht durchgesetzt, dass gerade kleinere Unternehmen die professionelle Begleitung durch einen Insolvenzverwalter brauchen – auch deshalb, weil sie sich Beratung schlicht nicht leisten können.

Die Verunsicherung aus Brüssel scheint verflogen und die stark zunehmenden Insolvenzzahlen vermitteln, dass der Markt Verwalter und damit den Verwalternachwuchs – erst einmal als Sachbearbeiter oder sog. Schattenverwalter – dringend benötigt.

Doch die Kanzleien dürfen bei der Rekrutierung nicht versäumen, mit der angehenden neuen Verwaltergeneration frühzeitig eine Karriereplanung hin zur ersten eigenen Bestellung und Partnerschaft verbindlich zu vereinbaren und sie auf dem Weg dorthin eng zu begleiten. Für den Nachwuchs sind vertrauens­voller Teamgeist und ein angenehmes Kanzleiumfeld ebenso wichtig wie eine soziale Gemeinschaft.

Einstiegsgehälter wie bei den großen Wirtschaftskanzleien können die meisten Verwalterkanzleien nicht bieten, aber sie können die vorgenannten Erwartungen erfüllen, denn Wertschätzung ist weit mehr als nur eine monetäre Anerkennung. Dann haben Verwalterkanzleien sehr gute Chancen, junge Talente nicht nur zu gewinnen, sondern später auch langfristig als bestellte Verwalter in der Gemeinschaft zu halten.

Peter Reuter, Chefredakteur