Hintergrund

Öffentliche Sitzung des Finanzgerichts Baden-Württemberg
13. Senat

Stuttgart, 21.01.2022
Beginn: 11:00 Uhr
Ende: 13:45 Uhr

Aktenzeichen: 13 K 2104/18

Anwesend:
als Vorsitzender
Vorsitzender Richter am Finanzgericht Dr. R.
als Richter
Richter am Finanzgericht F., Richter am Finanzgericht Dr. D.
als ehrenamtliche Richter
A. L., R. R.-A.

Von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wurde abgesehen.

In dem Finanzrechtsstreit

Prof. Dr. H. H.,
XXXXXX
prozessbevollmächtigt:
– Kläger –
Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater Graf Kanitz, Schüppen & Partner
Pariser Platz 7, 70173 Stuttgart, Az: H., H.\FG BadenWürttemberg\18-08-
01_Klage

gegen

Finanzamt Heidelberg
vertreten durch den Vorsteher
Maaßstr. 32, 69123 Heidelberg, Az: ZGR/ECFR GbR SG XXV

– Beklagter –

Beigeladen:

1. Prof. Dr. P. H.
XXXXXX
2. Prof. Dr. A. B.
XXXXXX
3. Prof. Dr. H. F.
XXXXXX
4. Prof. Dr. W. G.
XXXXXX
5. Prof. Dr. K. J. H.
XXXXXX
6. Prof. Dr. G. K.
XXXXXX
7. Prof. Dr. H. M.
XXXXXX
8. Prof. Dr. H. J. P.
XXXXXX
9. Prof. Dr. C. T.
XXXXXX
10 Prof. Dr. J. V.
XXXXXX
11 Prof. Dr. M-P. W.
XXXXXX
12 Prof. Dr. H. W.
XXXXXX

prozessbevollmächtigt:

Rechtsanwalt Prof. Dr. M. H.-B.
XXXXXX
– zu 1 bis 12 –

wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte
der ZGR/ECFR GbR für 2008 – 2016

erschienen bei Aufruf:
Kläger
Prof. Dr. H., Köln/Hamburg
Prozessbevollmächtigter
Rechtsanwalt Wirtschaftsprüfer Steuerberater Prof. Dr. Schüppen, Stuttgart

für den Beklagten
niemand

Beigeladene
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. P. H., Heidelberg; Prof. Dr. H. M., Freiburg

Prozessbevollmächtigter
Rechtsanwalt Prof. Dr. H.-B., München

1. Es wurde festgestellt, dass für die ordnungsgemäß geladene Behörde niemand zur Verhandlung erschienen ist sowie dass die Behörde am Morgen vor der Verhandlung noch einen Schriftsatz eingereicht hat. Der Schriftsatz wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie den Beigeladenen noch vor der Verhandlung zugestellt (Prozessbevollmächtigter Prof. Dr. Sch.) bzw. übergeben (Beigeladene). Der Prozessbevollmächtigte Prof. Dr. Sch. hatte dem Vorsitzenden in einem vor der Verhandlung geführten Telefonat bestätigt, dass er den Schriftsatz erhalten hat.

Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die Behörde den Antrag gestellt hatte, ihr die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz zu gestatten und dass der Antrag abgelehnt wurde. Auf die entsprechende Verfügung vom 20. Januar 2022 wurde Bezug genommen. Der Vorsitzende erklärte, dass es bei (Video-) Verhandlungen des Senats bzw. der Einzelrichter zuletzt mehrfach zu technischen Schwierigkeiten gekommen ist. Im Streitfall habe der Senat das Risiko der ggf. erforderlichen Vertagung des Verfahrens nicht eingehen wollen, zumal das Verfahren schon länger anhängig ist und für die Beteiligten (vor dem Hintergrund der zivilrechtlichen Auseinandersetzung) besonders bedeutsam ist. Im Hinblick auf die (allgemeinen) Befürchtungen der Behördenvertreterwegen einer Ansteckung mit dem Corona-Virus werde darauf hingewiesen, dass im Finanzgericht Baden-Württemberg umfangreiche Vorkehrungen getroffen wurden, um das Ansteckungsrisiko gering zu halten.

1. Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1 erklärte, dass er auch die übrigen Beigeladenen zu 2 bis 12 vertrete und sich zu deren Prozessbevollmächtigtem bestelle. Soweit erforderlich könne eine ausdrückliche Vollmacht nachgereicht werden.

2. Der wesentliche Inhalt der Akten wurde vorgetragen. Der Berichterstatter wies dabei hin auf die zivilrechtliche Auseinandersetzung, die vom Kläger wegen seines Ausschlusses aus der Herausgeber-GbR angestrengt wurde. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben den Ausschluss des Klägers als rechtmäßig beurteilt und der Kläger hat beim Bundesgerichtshof Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des OLG Karlsruhe eingelegt. Das Beschwerdeverfahren ist noch beim BGH anhängig. Der Kläger hat mit seinem Hilfsantrag obsiegt und die beklagten Herausgeber sind verpflichtet, eine Auseinandersetzungsbilanz vorzulegen.

Hinweis: Im weiteren Verlauf der Verhandlung erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen: Diese Bilanz wurde erstellt und der Abfindungsanspruch des Klägers betrage 0 EUR.

3. Der Kläger und der Prozessbevollmächtigte des Klägers erhielten das Wort.

a) Der Prozessbevollmächtigte erklärte: Der Senat ist von der Verfahrensweise, die der Berichterstatter in Aussicht gestellt hat, abgewichen und hat keine rechtlichen Hinweise erteilt und auch nicht durch Gerichtsbescheid entschieden, sondern sogleich zur mündlichen Verhandlung geladen. Der Vorsitzende dazu: Das Gericht war vorliegend zur Erteilung von rechtlichen Hinweisen vor der Verhandlung jedenfalls nicht verpflichtet. Die mündliche Verhandlung ist die von der Verfahrensordnung vorgesehene Form für das Rechtsgespräch und für die Erteilung rechtlicher Hinweise. Im Streitfall hat der Senat die regelmäßige Verfahrensweise (Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung und nicht eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid) als geeignet angesehen (Hinweis auf § 90a FGO).

b) Der Klägervertreter rügte, dass das Gericht unter Verstoß gegen § 76 FGO und § 79 FGO die angebotenen Beweise nicht erhoben sowie seine Sachaufklärungspflicht verletzt habe.

Der Vorsitzende erklärte: Diese (abstrakte) Rüge könne zwar ins Protokoll auf Antrag des Klägervertreters aufgenommen werden. Verfahrensrechtlich sei aber geboten, dass der Klägervertreter seine Rüge konkretisiere. Sofern der Klägervertreter mit seiner pauschalen Rüge seinen angekündigten Beweisantrag betreffend das im Verfahren thematisierte Treuhandverhältnis meine, werde vorab auf Folgendes hingewiesen:

Zum einen habe der Klägervertreter (entgegen seiner Ankündigung) bislang noch keine ladungsfähige Anschrift des benannten ehemaligen Mitarbeiters des De Gruyter-Verlags ein- bzw. nachgereicht. Zum anderen gehe der Senat nach vorläufiger Prüfung davon aus, dass ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis nicht bestehe, so dass die vom Kläger thematisierte (Beweis-) Frage wohl nicht entscheidungserheblich ist. Unbeschadet dessen seien die Umstände im Zusammenhang mit dem angesprochenen Treuhandverhältnis (Unterlagen zur Konteneröffnung, tatsächliches Verhalten) aber vom Gericht zu würdigen und der Sachverhalt könne ggf. dahin gewürdigt werden, dass der geschäftsführende Herausgeber (Prof. Dr. H.) die vom Verlag zur Verfügung gestellten Mittel insoweit treuhänderisch verwenden sollte, als er die Mittel „nur zu treuen Händen“ zweckgebunden zur Deckung der mit der Herausgabe der Zeitschriften verbundenen Kosten ausgeben durfte.

Der Vorsitzende erteilte ferner einen Hinweis zur Frage, ob eine oder zwei Herausgeber-GbR vorliegen: Das Gericht gehe vorläufig davon aus, dass nur eine Herausgeber-GbR bestehe mit der Folge, dass ggf. nur ein Feststellungsverfahren durchzuführen sei.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hielt seine (Aufklärungs-) Rüge aufrecht. Der Senat habe bei der Vorbereitung der Sitzung gegen den Sachaufklärungsgrundsatz verstoßen (§§ 96, 76 FGO). Insbesondere sei noch Beweis zu erheben über den Inhalt des Aktenvermerks vom 14. April 2005 durch Vernehmung des Rechtsanwalts Sch. sowie ggf. der Frau Z. und der Frau M. Daneben sei noch Beweis zu erheben über die vom Beigeladenen Prof. Dr. M. bestrittene Äußerung, die Mitgliedschaft im Herausgeberkreis sei „Millionen wert“, sowie über die Umstände im Zusammenhang mit der Erstattung der Übersetzungskosten an den Beigeladenen Prof. Dr. F.

c) Der Klägervertreter äußerte sich in der Folge sehr ausführlich zum Sach- und Streitstand. Er stützte seinen Vortrag auf ein sechsseitiges „Hand-out“ (Anlage KS & P 18). Die Unterlage wurde allen Prozessbeteiligten ausgehändigt und zu den Gerichtsakten genommen.

Im Rahmen des Vortrages des Klägervertreters wurde die Streitsache ausführlich tatsächlich und rechtlich erörtert. Der Klägervertreter vertiefte die in den Schriftsätzen vom 13. August 2018, vom 15. Mai 2019, vom 13. September 2019, vom 24. März 2021 vorgetragene Argumentation. Er nahm ferner Bezug auf den kurz vor der Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 19. Januar 2022 (samt Anlagen) und das darin angesprochene BFH-Urteil IV R 75/74 aus dem Jahre 1975, wonach auch mittelbare Vorteile eine Gewinnerzielungsabsicht begründen können. Er referierte ferner aus dem Aufsatz des Beigeladenen Prof. Dr. F. in NZG 2019, 921 („Gesellschaftsrechts-Honoratioren: Schlüsselfiguren im Gesellschaftsrecht und ihr diskursives Zusammenwirken“. Der Klägervertreter erklärte: Die Herausgeberstellung bei der ZGR könne „in Millionenhöhe“ „monetarisiert“ werden. Der Beilgeladene Prof. Dr. M. habe (wörtlich) gesagt, die Herausgeberstellung bei der ZGR sei „Millionen wert“. Er selbst und weitere Personen könnten das bezeugen. Er beantrage, den Beigeladenen Prof. Dr. M. dazu ggf. als Zeugen zu vernehmen, hilfsweise Beweis zu erheben durch Erstattung eines Sachverständigengutachtens.

Der Vorsitzende erklärte dazu: Das Gericht gehe zwar auch davon aus, dass die Herausgeberstellung sich mittelbar wirtschaftlich vorteilhaft auswirken könne. Es sei aber fraglich, ob derartige Vorteile konkretisiert genug seien, damit sie im Rahmen der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht und der Ermittlung eines Totalgewinnes angesetzt werden könnten. Ggf. könnte sich ja auch der Kläger zu der Frage äußern, ob sich die Herausgeberstellung für ihn in Millionenhöhe ausgezahlt habe. Das BFH-Urteil aus dem Jahre 1975 sei indes im Rahmen der zu treffenden Entscheidung auf jeden Fall zu berücksichtigen: Denn in dem Urteil sei bei der Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht (eine Ingenieure GbR hatte an Ideenwettbewerben teilgenommen und Preisgelder erzielt) ergänzend auch auf die mit der Teilnahme verbundenen künftigen „Chancen“ und „Möglichkeiten“ abgehoben worden.

Bei der Erörterung der von der Klägerseite eingehend thematisierten möglichen „Monetarisierung“ der ZGR-Herausgeberstellung (etwa durch Gutachtenaufträge) wurde vom Vorsitzenden auf Presseberichte hingewiesen, in denen bestimmte Vorgänge in diesem Bereich in der Öffentlichkeit zuletzt kritisch beleuchtet wurden. In der Presse sei berichtet worden über die „Bürgerbewegung Finanzwende“, die sich u.a. um die Aufarbeitung des Cum-ex-Skandals kümmere. Beim sog. Cum-ex-Skandals gehe es u.a. auch darum, dass Gutachter gegen Zahlung hoher Gutachterhonorare die Cum-ex- Geschäfte als rechtmäßig dargestellt haben. Nach den Presseartikeln sei der Kläger der „Bürgerbewegung Finanzwende“ als fellow beigetreten.

Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen erklärte:
Es wird bestritten, dass der Beigeladene Prof. Dr. M. geäußert hat, die Herausgeberstellung sei „Millionen wert“. Wer in den Herausgeberkreis der ZGR/ECFR aufgenommen werde, sei schon vor seiner Kooption in der Fachwelt höchst anerkannt. Den Sachverhalt „Treuhand“ müsse man sich „zwangloser“ vorstellen. Der Verlag habe der Herausgeber-GbR Mittel zur Verfügung gestellt, die der geschäftsführende Herausgeber für das „richtige Projekt“ zur Deckung der Kosten verwenden sollte. Zum Hintergrund des Streits erklärte er: Der Kläger habe (wohl) Probleme bei seiner persönlichen Einkommensteuer bekommen, da er offenbar Aufwendungen im Zusammenhang mit der Herausgabe der Zeitschriften erklärt habe.

Der Vorsitzende und der Berichterstatter wiesen darauf hin: Der Kläger war Bundestagsabgeordneter und stand dadurch besonders in der Öffentlichkeit. Es ist für den Senat vollkommen nachvollziehbar, dass sich der Kläger in steuerlichen Fragen nicht angreifbar machen wollte. Nachdem das Finanzamt aber zur Auffassung gekommen war, dass die GbR keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt und die unzutreffende umsatzsteuerliche Behandlung rückabgewickelt wurde, musste der Kläger eigentlich keine Befürchtungen mehr haben.

d) Der Vorsitzende erteilte den Hinweis: Für die Entscheidung kommt es darauf an,
ob die Herausgeber-GbR mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wurde. Liegt keine Gewinnerzielungsabsicht vor, ist auch keine einheitlich und gesonderte Gewinnfeststellung durchzuführen und der mit der Sprungklage angefochtene negative Gewinnfeststellungsbescheid sei gerichtlich nicht zu beanstanden.

Der Kläger habe den Subsumtionsvorschlag unterbreitet, dass die auf den Konten aufgelaufenen Guthaben thesaurierte Gewinne darstellen. Die Behörde und die Beigeladenen beurteilten das anders und beziehen sich auf die Rechtsprechung, wonach derjenige nicht mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, der Einnahmen nur erzielt, um seine Kosten zu decken. Die Rechtsprechung habe dieses „Kostendeckungsprinzip“ auch auf Fälle bezogen, in denen Rücklagen für Vermögensverluste gebildet werden, mit denen für die Zukunft ernsthaft zu rechnen ist. Der Senat müsse für seine Entscheidung die in Betracht kommenden (äußeren) Tatumstände feststellen und würdigen. Solche Umstände seien u.a. der Verlagsvertrag, die Größenordnung der Beträge und die tatsächliche Verfahrensweise. Aus der vorgelegten Anlage KS & P8 ergebe sich die Verwendung der Mittel; danach sind auch dem Kläger wiederholt Auslagen erstattet worden.

e) Der Kläger nahm zu dem Hintergrund des Rechtsstreits Stellung. Er erklärte: Ich habe anders als die anderen Mitherausgeber die Verträge mit dem Verlag gekannt. Ich habe den geschäftsführenden Herausgeber mehrfach nach der steuerlichen Behandlung der zur Verfügung gestellten Mittel gefragt. Ich habe die Auskunft bekommen, die Treuhandkonstruktion sei nach einer Auskunft der KPMG die einzige Möglichkeit, um steuerliche Konsequenzen zu vermeiden. Der Beigeladene zu 1 habe erkennen können und müssen, dass der Verlag ab einem bestimmten Zeitpunkt in den Gutschriften auch Umsatzsteuer ausgewiesen habe. Auf die Anlage KS & P 4 (Schreiben Prof. Dr. H. vom 18. April 2016) wurde Bezug genommen.

Der Klägervertreter erklärte: Im Hinblick auf die Frage, ob eine oder zwei GbR vorliegen, vertrete er zwar auch die vom Gericht mitgeteilte vorläufige Auffassung, dass nur eine GbR vorliege. Wegen der umsatzsteuerlichen Problematik (Kleinunternehmerregelung; Betragsgrenzen) habe der geschäftsführende Herausgeber demgegenüber das Interesse gehabt, dass zwei GbR vorliegen, weil bei der Annahme einer Herausgeber-GbR die Kleinunternehmergrenze überschritten gewesen wäre.

Der Klägervertreter übergab dem Senat und den Beigeladenen eine Vergrößerung der bereits vorgelegten Anlage KS & P 7 und trug vor, die Herausgeber-GbR habe regelmäßig Gewinne erzielt und es habe sich keineswegs um Kleinbeträge gehandelt. Bis 2001 seien die Gewinne an die früheren Herausgeber ausgeschüttet worden und danach thesauriert worden. Der vom Klägervertreter verfasste handschriftliche Aktenvermerk (Anlage KS & P 10) und ein darin in Bezug genommener Aktenvermerk vom 14. April 2005 (Z./M.) wurde erörtert. Der Klägervertreter erklärte auf Nachfrage des Berichterstatters: Leider habe ich nicht daran gedacht, von dem Aktenvermerk der Mitarbeiterinnen des Beigeladenen zu 1 (mit meinem Handy) ein Foto aufzunehmen.

Der Klägervertreter erklärte: Die Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit der Herausgabe der ZGR/ECFR-Sonderhefte sei Gewinnverwendung. Der Klägervertreter wies hin auf zwei Exemplare der Sonderhefte (gebundene Bücher im Format und „Label“ der ZGR bzw. ECFR), die er zur Verhandlung mitgebracht hatte und während seines Vortrags zur Veranschaulichung in die Höhe hielt.

Der Klägervertreter: Auch die Erstattung der Übersetzungskosten in Höhe von 5.000 EUR an Prof. Dr. F. ist als Disposition über verfügbare freie Mittel zu beurteilen und stelle Gewinnverwendung dar. Der Klägervertreter bezog sich in seinem Vortrag auf die Anlagen KS & P 15 und KS & P17. Die neu vorgelegte Anlage KS & P17 wurde zu den Akten genommen.

Der Beigeladene zu 1 Prof. Dr. H. erklärte zur Erstattung der Übersetzungskosten an Prof. Dr. F.: Es ging um die Kosten für die Übersetzung des Rohentwurfs des im De Gruyter-Verlag erschienenen ECFR-Sonderbandes „Special Volume 4“ (Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Regulating the Closed Corporation) ins Englische. Der Beigeladene Prof. Dr. F. habe dafür nicht die Mittel aus dem ihm verliehenen Leibniz-Preis verwenden dürfen.

Der Kläger erklärte: Übersetzungskosten durften nicht erstattet werden.

Der Vorsitzende: Es wird schon so gewesen sein, dass der geschäftsführende Herausgeber (allein) über die Verwendung der Mittel bestimmt hat, ohne sich darüber immer mit den anderen Herausgebern abzustimmen. Der Kläger hat daran ersichtlich Anstoß genommen. Auch wenn der geschäftsführende Herausgeber sich dadurch möglicherweise nicht an gesellschaftsrechtliche Regelungen gehalten hat, kann es sich für die steuerliche Beurteilung aber gleichwohl um Kostendeckung bzw. -erstattung im Sinne der mit dem Verlag getroffenen Vereinbarung handeln.

Der Berichterstatter erklärte: Herr Prof. Dr. F. hat keinen Gewinn erzielt bzw. an ihn wurde nichts ausgekehrt. Ihm wurden lediglich die Kosten erstattet, die ihm durch die Einschaltung einer professionellen Übersetzerin entstanden sind.

Der Kläger erklärte: Ich habe anders als andere Herausgeber einen besonders großen Beitrag bei der Herausgabe der ECFR geleistet und deshalb auch einen Anspruch auf einen höheren Gewinnanteil als die anderen Gesellschafter.

Der Klägervertreter erklärte: Es geht auch um die steuerliche Berücksichtigung der Steuerberatungs- und Anwaltskosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit der gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung entstandenen sind. Das sind im Feststellungsverfahren zu berücksichtigende Sonderbetriebsausgaben.

5. Die Beteiligten stellen folgende Anträge:

Der Klägervertreter bezog sich auf seinen Antrag aus seinem Schriftsatz vom 13. August 2018 und beantragte,
den negativen Feststellungsbescheid vom 10.07.2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für ihn und die Beigeladenen als Herausgeber der ZGR und der ECFR in Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Kalenderjahre 2008 bis 2016 durchzuführen, hilfsweise Zulassung der Revision.

Laut vorgelesen und genehmigt.

Der Vorsitzende wies darauf hin, dass ein Behördenvertreter nicht erschienen ist und insoweit kein Antrag aufgenommen werden könne. In derartigen Fällen sei der Antrag den eingereichten Schriftsätzen zu entnehmen und damit gelte vorliegend der von der Behörde angekündigte Antrag (Klagabweisung) als gestellt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers äußerte Zweifel an dieser Auffassung und erhob dagegen Widerspruch.

Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen beantragte für sämtliche Beigeladene, die Klage abzuweisen.

Laut vorgelesen und genehmigt

Die mündliche Verhandlung wurde um 13.45 Uhr geschlossen mit der Verkündung des Beschlusses, dass eine Entscheidung den Beteiligten zugestellt wird.

Dr. R.
Vorsitzender Richter am Finanzgericht

——

Quelle: https://finanzgericht-bw.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Entscheidungen

FG Baden-Württemberg Urteil vom 21.1.2022, 13 K 2104/18
Keine Gewinnerzielungsabsicht des Herausgeberkreises wissenschaftlicher Fachzeitschriften bei bloßem Tätigwerden “pro bono”
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als X.XXX EUR, haben die Beigeladenen in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zu einer Höhe von X.XXX EUR kann der Kläger der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Beigeladenen nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet haben.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand 

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für den Herausgeberkreis zweier namhafter juristischer Fachzeitschriften für die Streitjahre (2008 bis 2016) ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, die nach Ansicht des Klägers mit der Herausgabe dieser Zeitschriften verbunden sind, durchzuführen ist.

Der Kläger ist von Beruf Hochschullehrer und als ordentlicher Professor an der Universität XXX Inhaber eines Lehrstuhls für Handels-, Wirtschafts- und Schifffahrtsrecht. Außerdem war er von 2013 bis XXX als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises XXX Mitglied des Deutschen Bundestages. In den Streitjahren (2008 bis 2016) war der Kläger Mitherausgeber der seit Anfang der 1970er Jahre bestehenden „…“ (Zeitschrift 1) und des 2004 aus ihr hervorgegangenen „…“ (Zeitschrift 2 – Arbeitstitel zunächst: „…“ – „Zeitschrift 3“), dessen „Chief Managing Editor“ er seither war. Beide Zeitschriften, die sich als sog. Archivzeitschriften in einer vergleichbaren Tradition wie die wesentlich älteren, bereits 1818 bzw. 1858 gegründeten Zeitschriften „„Archiv für die civilistische Praxis“ (AcP) und „Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht“ (ZHR) sehen, erscheinen in dem in A ansässigen Verlag XXX. Weitere Mitherausgeber der beiden Zeitschriften waren in den Streitjahren die Beigeladenen. Bei ihnen handelt es sich um renommierte im Gesellschaftsrecht tätige Juristen, und zwar überwiegend um Hochschullehrer, daneben aber auch um ehemalige Vorsitzende Richter des für das Gesellschaftsrecht zuständigen Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) sowie um Rechtsanwälte und Notare. Die Mitherausgeber überließen die Führung der laufenden Geschäfte und insbesondere die Verbindung zwischen dem Herausgeberkreis und dem Verlag in den Streitjahren dem Beigeladenen zu 1, einem ehemaligen Hochschullehrer mit Forschungsschwerpunkt im Gesellschaftsrecht, der früher Rektor der Universität B und dort Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht gewesen war und seit seiner Emeritierung im Jahre 2007 als Of-Counsel-Partner für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft XY tätig ist.

Der Herausgeberkreis der Zeitschrift 1 hatte zunächst in den 1970er Jahren aus den beiden Gründungsherausgebern N.N. und O.O. bestanden und war von ihnen in der Folgezeit um weitere Mitherausgeber erweitert worden, von denen einige – so auch die Gründungsherausgeber – später wieder ausschieden. Dabei waren in der Vergangenheit weder bei Aufnahme eines neuen Mitherausgebers noch bei Ausscheiden eines bisherigen Mitherausgebers Einstandszahlungen an oder Abfindungszahlungen aus dem Herausgeberkreis geleistet worden. Der Beigeladene zu 1 war dem Herausgeberkreis Ende der 1980er Jahre beigetreten und hatte wenig später dessen Geschäftsführung übernommen. Seit Ende der 1990er Jahre war auch der Kläger Mitglied des Herausgeberkreises. Der Herausgeberkreis, der seit der Ausgründung der Zeitschrift 2  als einer Art Tochterzeitschrift der Zeitschrift 1 für beide Zeitschriften durchgehend personenidentisch war, ergänzte sich selbst durch Kooption, indem bei entsprechendem Einvernehmen unter den bisherigen Herausgebern, dass ein in Frage kommender Jurist aufgrund seiner besonderen fachlichen und persönlichen Qualifikation den Herausgeberkreis bereichern werde, an das neu aufzunehmende Mitglied eine Einladung zum Beitritt ausgesprochen wurde.

Schriftliche Verträge und ähnliche Abmachungen über die Herausgebertätigkeit und die damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben existierten zwischen den Mitherausgebern nicht. Lediglich zwischen dem Verlag und dem Herausgeberkreis der Zeitschriften bestanden vertragliche Vereinbarungen über die Tätigkeit der Herausgeber für den Verlag. Sämtliche in den Streitjahren geltenden Vereinbarungen für die Zeitschrift 1 (so zuletzt der Vertrag vom 21.05.2010/14.07.2010) waren von Seiten des Herausgeberkreises durch den Beigeladenen zu 1 unterzeichnet worden, der in ihnen als „Geschäftsführender Zeitschrift 1 Herausgeber“ bezeichnet wurde. Mit Herausgabe-Vertrag vom 14.08.2003/30.09.2003 war zwischen den seinerzeitigen Herausgebern der Zeitschrift 1, vertreten durch den Beigeladenen zu 1, und dem Verlag zudem vereinbart worden, dass von ihnen gemeinsam ab 2004 auch die Zeitschrift 2 verlegt werden sollte. Dem Vertrag vom 21.05.2010/14.07.2010 war eine Anlage beigefügt, auf der der Kreis der Mitherausgeber der Zeitschriften näher bezeichnet war.

Den Verträgen mit dem Verlag zufolge sollten die Herausgeber aus ihrem Kreis einen Geschäftsführenden Herausgeber bestimmen, der zusammen mit den anderen Herausgebern die im regelmäßigen Turnus erscheinenden Zeitschriften inhaltlich entwickeln und dem Verlag anschließend das fertige Manuskript liefern sollte. In den Verträgen war zudem jeweils unter § 6 Ziff. 6.1 geregelt, dass der Verlag „für die vom Geschäftsführer, den Herausgebern und Schriftleitern zu erbringenden Leistungen und zur Abgeltung sämtlicher damit verbundener Unkosten“ dem Geschäftsführenden Herausgeber jährlich „einen Pauschalbetrag von EUR X.XXX,–“ für die Zeitschrift 1  bzw. von XX.XXX EUR für die Zeitschrift 2  „zur Verfügung“ zu stellen hatte. Darin sollten „auch anteilige Unkosten für die Durchführung des alle zwei Jahre von den Zeitschrift 1 -Herausgebern durchgeführten Symposiums“ bzw. „des alle zwei Jahre von den Zeitschrift 1 -Herausgebern geplanten Zeitschrift 3-Symposiums“ enthalten sein. Die „Kosten des Redaktors“ der Zeitschrift 2 sollten „vom Verlag bis zu einem Betrag von EUR X.XXX,– p. a. zusätzlich getragen“ werden. Die Eigentumsrechte an den beiden Zeitschriften sollten nach den mit dem Verlag getroffenen Vereinbarungen bei den Herausgebern liegen.

Diese Pauschalen wurden von Seiten des Verlags in den Streitjahren auf Bankkonten bei der XXX-Bank überwiesen, die von dem Beigeladenen zu 1 zu Beginn des Jahres 2008 unter seinem eigenen Namen mit dem Zusatz „betr. Treuhandkonto Zeitschrift 1 “ bzw. „betr. Treuhandkonto Zeitschrift 2 “ eröffnet worden waren. Dabei hatte der Beigeladene zu 1 im Rahmen der von der Bank durchgeführten Identifizierung nach dem Geldwäschegesetz angegeben, dass die Kontoführung für fremde Rechnung erfolge und dass der wirtschaftlich Berechtigte dieser Konten der „XXX-Verlag, A – Zeitschrift 1“ bzw. der „XXX-Verlag, A – Zeitschrift 2“ sei. Als Anschrift des wirtschaftlich Berechtigten hatte der Beigeladene zu 1 dabei jeweils die Adresse seines Lehrstuhls an der Universität B angeführt. Insgesamt waren für jede Zeitschrift je ein Giro-Geldverkehrskonto (mit den Kontonummern XXXXXXX und XXXXXXX) und je ein Festgeldkonto mit entsprechender Verzinsung (mit den Kontonummern XXXXXXXXXX und XXXXXXXXXX) eröffnet worden, wobei die Pauschalen in der Folgezeit vom Verlag teilweise getrennt auf das für die jeweilige Zeitschrift geführte Girokonto, teilweise gleichzeitig auf dasselbe Girokonto und teilweise zunächst auf das private Konto des Beigeladenen zu 1 und erst im Anschluss daran von diesem weiter auf die für die Zeitschriften unterhaltenen Girokonten überwiesen wurden. Der Kontostand dieser Konten belief sich zum 01.01.2008 (mithin zum Anfang des ersten Streitjahres) auf insgesamt XX.XXX,XX EUR und zum 31.12.2016 (mithin zum Ablauf des letzten Streitjahrs) auf insgesamt XX.XXX,XX EUR. Die Zweckbestimmung dieser Gelder und die Person des tatsächlich an ihnen wirtschaftlichen Berechtigten sind zwischen dem Kläger und den Beigeladenen, den übrigen Mitherausgebern, im Einzelnen streitig.

Der Herausgeberkreis der beiden Zeitschriften Zeitschrift 1 und Zeitschrift 2 wurde bei der deutschen Finanzverwaltung als solcher steuerlich nicht geführt. Es wurden weder Feststellungserklärungen abgegeben noch Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften durchgeführt. Zu einer steuerrechtlichen Überprüfung dieser Verfahrensweise kam es erst, nachdem dem Beigeladenen zu 1 im Februar 2016 von Seiten des Verlags zwei interne Auszahlungsanweisungen übersandt worden waren, aus denen sich ersehen ließ, dass der Verlag die Jahrespauschalen an den Herausgeberkreis unter Einschluss von Umsatzsteuer überwiesen und aus den Zahlungen einen Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte. Der Beigeladene zu 1 wandte sich daraufhin am 18.04.2016 mit einem Schreiben an sämtliche anderen noch aktiven wie auch an die ehemaligen Herausgeber. In diesem Schreiben kündigte er zum einen an, ihnen über die vom Verlag zur Verfügung gestellten Mittel Rechnung legen zu wollen. Zum anderen machte er geltend, dass sämtliche Herausgeber einschließlich der Schriftleiter in jahrzehntelanger Tradition ihre Leistungen pro bono erbrächten und aus den Aufwandspauschalen des Verlags auch keinerlei Honorar erhielten. Deshalb habe er – der Beigeladene zu 1 – für deren rechtliche Behandlung eine Konstruktion gewählt, die steuerrechtliche Konsequenzen für die Herausgeber vermeiden solle. Nach seinem Verständnis habe er die Pauschalen als Treuhänder des Verlags entgegengenommen und entsprechend den Vorgaben aus den Herausgeberverträgen verwendet. Diese Treuhand-Konstruktion sei nach Einschätzung des von ihm jüngst konsultierten Steuerexperten der XY die einzige Möglichkeit, um steuerrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Die Umsatzsteuerbeträge, die noch vollständig unangegriffen auf den Treuhandkonten bereitlägen, würden – was in der Folgezeit auch geschah – umgehend an den Verlag zurückgezahlt.

Anschließend trat die XY als vom Geschäftsführenden Herausgeber, dem Beigeladenen zu 1, für den Herausgeberkreis beauftragte Bevollmächtigte mit Schreiben vom 08.06.2016 an das beklagte, örtlich für den Wohnsitz des Beigeladenen zu 1 zuständige Finanzamt (den Beklagten) heran, um mit ihm den steuerlichen Status des als „Zeitschrift 1 GbR GbR/Zeitschrift 2 GbR“ bezeichneten Herausgeberkreises abzustimmen. In diesem Schreiben vertrat die XY in ertragsteuerlicher Hinsicht die Auffassung, dass es sich bei den durch den Verlag gezahlten Pauschalbeträgen lediglich um Aufwandsentschädigungen gehandelt habe, die für Symposien, studentische Hilfskräfte, Reisekosten der Herausgeber und Übersetzungskosten aufgewendet würden. Den Herausgebern wie auch den Schriftleitern sei für ihre Tätigkeit keinerlei Honorar gezahlt worden. Die Bankguthaben würden für künftige Projekte, zu denen der Herausgeberkreis gegenüber dem Verlag verpflichtet sei, quasi angespart, so dass insgesamt kein Totalgewinn erwartet werden könne. Deshalb sei eine Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen, weshalb keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt würden.

Mit Antwortschreiben vom 28.07.2016 teilte der Beklagte der XY mit, dass er in Übereinstimmung mit deren Ausführungen von der steuerlichen Erfassung und Veranlagung des Zeitschrift 1 -/Zeitschrift 2 -Herausgeberkreises absehe. Um eine verbindliche Auskunft handele es sich insoweit allerdings nicht.

10 

Der Herausgeberkreis der Zeitschrift 1 und der Zeitschrift 2  nahm dies zum Anlass, den Beigeladenen zu 1 als Geschäftsführenden Herausgeber um Rechenschaft in Bezug auf die von Seiten des Verlags erhaltenen Gelder zu bitten. Dabei stellte der Beigeladene zu 1 unter anderem fest, dass er in den Jahren 2012 und 2015 von diesen Konten insgesamt X.XXX,XX EUR versehentlich für Aufwendungen verwendet hatte, die eigentlich seinen bisherigen Lehrstuhl an der Universität B betrafen. Diesen Betrag überwies der Beigeladene zu 1 daraufhin im Jahre 2017 von seinem Privatkonto auf die für die Zeitschriften unterhaltenen Konten zurück. Zudem wurde bei der Rechnungslegung festgestellt, dass der Verlag in einzelnen Jahren (nämlich für 2012, 2013 und 2015) die Überweisung der für die Zeitschrift 2 vereinbarten Pauschalbeträge unterlassen und dass der Beigeladene zu 1 diese Beträge auch nicht vom Verlag angefordert hatte.

11 

Parallel dazu machte der Kläger durch Schreiben seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 09.06.2017 gegenüber dem Beklagten geltend, dass sich aufgrund der dem Herausgeberkreis tatsächlich zugeflossenen Zahlungen die Auffassung kaum vertreten lasse, durch die Herausgabe wenigstens der Zeitschrift 2  hätten die Gesellschafter keinen Gewinn erzielt, so dass er – der Kläger – um erneute Überprüfung bitte, ob nicht doch bezüglich dieser Einkünfte ein Feststellungsverfahren durchgeführt werden müsse. Über dieses Vorgehen des Klägers gegenüber den Finanzbehörden kam es zwischen ihm und den übrigen Mitherausgebern – mithin den Beigeladenen – zu einem erbitterten Streit, der letztlich dazu führte, dass der Kläger mit Gesellschafterbeschluss der Beigeladenen vom XX.XX.2017 aus dem Herausgeberkreis ausgeschlossen wurde.

12 

Bereits zuvor hatte die XY dem Beklagten mit Schreiben vom 25.09.2017 namens des Geschäftsführenden Herausgebers – des Beigeladenen zu 1 – mitgeteilt, dass sich zwischenzeitlich herausgestellt habe, dass der seinerzeit dargestellte Sachverhalt gewisser Ergänzungen bedürfe. So habe der Verlag in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2014 mehrere Zahlungen unmittelbar an den Kläger bzw. an den vom Kläger geführten Verein für … bzw. an das vom Kläger betriebene „….“ erbracht, die nach Auffassung der übrigen Mitherausgeber gleichfalls in die Zeitschrift 2 -Abrechnung aufgenommen werden müssten. Über dessen Konten seien zudem in allen streitigen Veranlagungszeiträumen Teilnehmergebühren im Rahmen von Symposien geflossen. An der ertragsteuerlichen Beurteilung, dass im Herausgeberkreis keine Gewinnerzielungsabsicht bestanden habe, werde ungeachtet dessen festgehalten. Dies sähen mit Ausnahme des Klägers sämtliche anderen Mitherausgeber – also die Beigeladenen – so. Lediglich der Kläger habe bekundet, dass es für ihn wichtig sei, mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt zu haben, weil er entsprechende Ausgaben steuerlich geltend gemacht habe.

13 

Mit (sog. negativem) Feststellungsbescheid vom 10.07.2018 lehnte der Beklagte gegenüber dem Kläger die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für die Streitjahre mit der Begründung ab, dass auf Seiten der an der GbR beteiligten Herausgeber keine Gewinnerzielungsabsicht vorliege. Die feststellbaren äußeren Umstände ließen erkennen, dass gerade keine Gewinne hätten erzielt werden sollen. Denn die Herausgeber hätten nach den mit dem Verlag abgeschlossenen Herausgabeverträgen lediglich Unkostenpauschalen erhalten. Diese seien mit X.XXX EUR für die Zeitschrift 1 und mit XX.XXX EUR für die Zeitschrift 2 nach Abzug der Reisekostenerstattungen sowie der Verwendung zur Bezahlung studentischer Hilfskräfte auch so gering gewesen, dass bei Verteilung des Restbetrags unter allen Herausgebern auf jeden von ihnen im Durchschnitt jährlich nur XX EUR für die Tätigkeit bei der Zeitschrift 1 und XXX EUR für die Tätigkeit bei der Zeitschrift 2 entfallen würden. Dies sei, werde es mit den Stundensätzen eines Universitätsprofessors für die Anfertigung von juristischen Gutachten oder für die Autorentätigkeit für eine juristische Zeitschrift oder für eine beratende Tätigkeit bei einer Rechtsanwaltskanzlei verglichen, ein für eine Tätigkeitsvergütung extrem geringer und damit nicht plausibler Betrag. Das zeige, dass gerade keine solche Vergütung für Herausgeberleistungen gewollt gewesen sei. Gegen eine Gewinnerzielungsabsicht spreche schließlich auch, dass neu hinzugekommene Herausgeber niemals Einlagen oder andere finanzielle Leistungen erbracht und ausgeschiedene Herausgeber nie Abfindungen erhalten hätten, und dass der Beigeladene zu 1 die Pauschalen auch nicht in jedem Jahr vom Verlag tatsächlich angefordert habe.

14 

Dagegen wendet sich die am 13.08.2018 beim Senat eingegangene Sprungklage des Klägers. Mit ihr macht der Kläger geltend, dass der Beklagte zur Durchführung eines Feststellungsverfahrens verpflichtet gewesen sei, weil nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei Vorliegen einer positiven Ergebnisprognose stets von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen sei. Dies sei hier der Fall, was sich schon an den erheblichen und nachhaltigen Überschüssen zeige, die der Herausgeberkreis in der Vergangenheit erwirtschaftet habe. Es handele sich, wie sich auch aus einem von seinen Prozessbevollmächtigten in Auftrag gegebenen Gutachten des Inhabers des Lehrstuhls … an der Universität C, Herrn P.P., vom 11.07.2018 ergeben habe, um steuerbare und steuerpflichtige Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Denn der Herausgeberkreis habe mit Gewinnerzielungsabsicht am wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Die angebliche Treuhänderschaft für den Verlag sei, da sie dem Verlag nicht bekannt gewesen sei, zudem gar nicht zustande gekommen. Jedenfalls aber sei sie steuerrechtlich unbeachtlich und könne daher am gewinnwirksamen Zufluss der in Rede stehenden Beträge nichts ändern.

15 

Außerdem sei – so der Kläger weiter – in die Prognose noch ein fiktiver Aufgabegewinn mit einzubeziehen, der sich aus dem im Falle einer Veräußerung der Zeitschriften zu erzielenden Erlös und dem Saldo aus bestehenden Forderungen und offenen Verbindlichkeiten zusammensetze. Dabei werde zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladene in den Streitjahren pflichtwidrig vom Verlag geschuldete Honorare in einem Gesamtumfang von XX.XXX EUR noch nicht eingefordert habe, wobei an der Werthaltigkeit dieser Forderungen gegen den Verlag keine Zweifel bestünden. Insgesamt bewege sich der voraussichtliche Totalgewinn damit im sechsstelligen Bereich. Es handele sich bei den Zahlungen des Verlags im Übrigen schon nach dem klaren Vertragstext zumindest auch um eine Leistungsvergütung und gerade nicht nur um Auslagenersatz. Dass die Beigeladenen die auf den Konten vorhandenen Guthaben nach Ablauf der Streitjahre und nach seinem – des Klägers – Ausschluss aus dem Herausgeberkreis nachträglich an den Verlag zurückgezahlt hätten, ändere am Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht nichts, denn es handele sich dabei bloß um eine steuerlich unbeachtliche Gewinnverwendung. Die Beigeladenen hätten dieses Vorgehen zudem selbst ausdrücklich als „Systemumstellung“ bezeichnet. Im Übrigen habe er – der Kläger – seinem Ausschluss aus dem Herausgeberkreis widersprochen und führe deswegen gegen die Beigeladenen einen Rechtsstreit vor den Zivilgerichten. Selbst wenn der Ausschluss dort bestätigt werden sollte, stehe ihm aber jedenfalls ein Abfindungsanspruch zu, da ein solcher gesellschaftsvertraglich nicht abbedungen worden sei.

16 

Es müsse abschließend betont werden, dass der angefochtene negative Feststellungsbescheid für ihn – den Kläger – auch mit nachteiligen steuerlichen Auswirkungen verbunden sei. Wegen des Verhaltens der anderen Gesellschafter und der daraus resultierenden gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen seien ihm inzwischen nämlich erhebliche Steuerberatungs- und Anwaltskosten entstanden, die bei seinem Beitritt zum Herausgeberkreis nicht eingeplant gewesen seien. Diese Aufwendungen stellten Sonderbetriebsausgaben dar, die im Feststellungsverfahren bei ihm zu berücksichtigen seien.

17 

Ergänzend trägt der Kläger vor, dass er in den ersten Jahren seiner Mitgliedschaft im Herausgeberkreis und auch nach der Ausgliederung der Zeitschrift 2 naturgemäß nicht danach gefragt habe, welche Honorierung denn mit einer solchen Mitherausgeberschaft verbunden sei. Die mit dem Verlag abgeschlossenen Herausgabeverträge seien zudem nur wenigen Mitherausgebern bekannt gewesen. Er – der Kläger – jedenfalls habe sich in der Folgezeit aber immer auf die Angaben des Beigeladenen zu 1 verlassen, den er so verstanden habe, dass er die vom Verlag bereitgestellten Gelder nur treuhänderisch für den Verlag verwalte. Deshalb sei er davon ausgegangen, dass er zunächst noch keine Honorarzuflüsse zu versteuern habe, dass ihm aber andererseits zu einem späteren Zeitpunkt, und zwar spätestens bei seinem Ausscheiden, eine Ausschüttung aus den angesammelten Zahlungen des Verlags zustehe. In gewisser Weise habe er bei seinem Eintritt in den Herausgeberkreis auch eine Art Eintrittsgeld erbracht, indem er die Schriftleitung bei der Zeitschrift 2 übernommen und in dessen Entwicklung viel Arbeit investiert habe.

18 

Bei der steuerrechtlichen Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht müsse zudem – so der Kläger weiter – beachtet werden, dass schon die Zugehörigkeit zu dem Herausgeberkreis an sich einen erheblichen Vermögenswert darstelle. So habe der Beigeladene zu 7 anlässlich einer Besprechung des Falles am 03.05.2017 wörtlich und im Einvernehmen mit mehreren anderen Mitherausgebern erklärt, dass es auf ein mögliches Herausgeberhonorar nicht ankomme, weil allein schon diese Zugehörigkeit als solche „Millionen wert“ sei. Die Herausgeber der Zeitschriften genössen in der Rechtsprechung und in der rechtspolitischen Diskussion ein besonderes Ansehen, das sich durch Erlangung von Gutachteraufträgen und lukrativen Beratungs- und Prozessführungsmandaten sowie durch Bestellung zu Schiedsrichtern in handels- und gesellschaftsrechtlichen Schiedsgerichtsverfahren in vielfältiger Weise monetarisieren lasse. Zumindest das damit verbundene mittelbare Gewinnstreben begründe die Gewinnerzielungsabsicht.

19 

Abschließend macht der Kläger geltend, dass sein Prozessbevollmächtigter bei der am 18.05.2017 vorgenommenen Einsichtnahme in die vom Beigeladenen zu 1 geführten Kontenunterlagen den Eindruck gewonnen habe, dass jedenfalls bis in das Jahr 2001 hinein Gewinne aus den Pauschalen des Verlags an den damaligen Herausgeberkreis ausgeschüttet worden seien. Darüber habe sich sein Prozessbevollmächtigter eine handschriftliche Notiz angefertigt. Aus ihr gehe hervor, dass eine Frau Q., die im Sekretariat des Beigeladenen zu 1 beschäftigt gewesen sei, am 14.04.2005 einen Aktenvermerk für eine Frau R. erstellt habe, in dem für die Zeit vor 2002 von jährlichen Zahlungen von X.XXX DM an die damaligen sechs Mitherausgeber, und damit an jeden von ihnen in Höhe von XXX DM, die Rede sei. Auch in jüngerer Zeit seien noch von Seiten einzelner Mitherausgeber Gewinne entnommen worden. Das sei etwa daran zu erkennen, dass dem Beigeladenen zu 3 im Jahre 2012 ohne tatsächliche Grundlage „Übersetzungskosten“ für die Zeitschrift 2 in Höhe von X.XXX EUR ausbezahlt worden seien. Als dessen Chief Managing Editor könne er sicher sagen, dass es dafür keine Berechtigung gegeben habe.

20 

Der Kläger beantragt, den negativen Feststellungsbescheid vom 10.07.2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für ihn und die Beigeladenen als Herausgeberkreis der Zeitschrift 1 und der Zeitschrift 2 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Kalenderjahre 2008 bis 2016 durchzuführen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

21 

Der Beklagte und die Beigeladenen beantragen, die Klage abzuweisen.

22 

Der Beklagte hat der ihm am 31.08.2018 zugestellten Sprungklage mit Schriftsatz vom 18.09.2018, beim Senat eingegangen am 25.09.2018, zugestimmt. In der Sache tritt er der Klage mit dem Hinweis entgegen, dass an der im angefochtenen Bescheid dargestellten Rechtsauffassung festgehalten werde. Ergänzend macht der Beklagte geltend, dass auch der Umstand, dass der Herausgeberkreis keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen habe, gegen eine Gewinnerzielungsabsicht spreche. Da es sich bei allen Herausgebern um renommierte Juristen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts handele, könne nämlich davon ausgegangen werden, dass sie anderenfalls detaillierte Regelungen zu den Gesellschafterbeiträgen und zu deren Vergütung sowie zur Gewinn- und Verlustverteilung, zu den Kapitalkonten und zu den finanziellen Folgen beim Ein- und Austritt von Gesellschaftern getroffen hätten. Dies sei nicht geschehen. Mit Ausnahme des Klägers hätten alle Herausgeber zudem vorgetragen, dass nach den zwischen ihnen vereinbarten ungeschriebenen Grundsätzen keiner von ihnen den Wert der Zeitschriften anteilig in sein Privatvermögen überführen könne, selbst wenn der Wert von ihm mitgeschaffen worden sei. Zudem habe Einigkeit darüber bestanden, dass die Existenz der Zeitschrift 1 wie auch der Zeitschrift 2 – wie bei anderen führenden Archivzeitschriften auch – die Amtszeit der Gründer und auch der ihnen nachfolgenden Herausgeber überdauern solle. Das Vertragswerk sei auf einen Wechsel der Herausgeber angelegt und nicht auf Veräußerung, so dass ein etwaiger Veräußerungserlös nicht mit einbezogen werden könne. Alle Herausgeber hätten es als eine Ehre angesehen, in den Herausgeberkreis berufen zu werden, und sie hätten die Mitwirkung in diesem Kreis als Tätigkeit pro bono angesehen. Dies hätten sämtliche Beigeladenen in ihrer Sitzung vom 12.06.2017 nochmals einvernehmlich festgestellt. Wer nur Einnahmen erziele, um damit seine Kosten zu decken, handele ohne Gewinnerzielungsabsicht. Das vom Kläger angeführte mittelbare Gewinnstreben genüge dafür nicht.

23 

Abschließend weist der Beklagte darauf hin, dass zu dem Zeitpunkt, an dem der Kläger bei ihm erstmals die Durchführung eines Feststellungsverfahrens beantragt habe – dies sei erst am 09.06.2017 der Fall gewesen –, für die Streitjahre 2008 und 2009 bereits Feststellungsverjährung eingetreten sei. Dieser Einwand betreffe wohl auch das Streitjahr 2010, da der Kläger in seinem Antrag keinerlei Angaben zur konkreten Gewinnverteilung gemacht habe und der Antrag schon deshalb nicht in der Sache habe bearbeitet werden können. Auch für die übrigen Streitjahre sei dazu – und auch zu möglichen Sonderbetriebsausgaben des Klägers oder der Beigeladenen – nach wie vor nichts bekannt. Entsprechende Feststellungserklärungen und steuerliche Gewinnermittlungen lägen ihm – dem Beklagten – bislang nicht vor.

24 

Die Beigeladenen haben sich dem Vortrag des Beklagten im Wesentlichen angeschlossen und ergänzend zudem vortragen lassen, dass keiner von ihnen jemals ein Honorar als Herausgeber erhalten habe. Der Beigeladene zu 1 hat zudem ausgeführt, dass weder er selbst noch – seiner Kenntnis nach – ein anderer der übrigen Mitherausgeber – also der Beigeladenen zu 2 bis 12 – jemals ins Auge gefasst habe, er könne einen Honoraranspruch für diese Tätigkeit geltend machen. Zu Ausschüttungen an den Herausgeberkreis oder an einzelne Herausgeber sei es zu keinem Zeitpunkt gekommen. Nach Ablauf der Streitjahre habe der Herausgeberkreis – ohne den ihm inzwischen nicht mehr angehörenden Kläger – einvernehmlich beschlossen, das Verfahren zum Abruf der vom Verlag bereitgestellten Mittel zu ändern. Die von ihm in der Vergangenheit für den Herausgeberkreis geführten Bankkonten seien (was zutrifft) am 22.12.2017 aufgelöst und die auf ihnen noch vorhandenen Guthaben an den Verlag zurücküberwiesen worden. Seither liege die Verfügungsmacht über diese Beträge wie auch über die für die Folgejahre vereinbarten Pauschalen so lange beim Verlag, bis sie im Einzelfall vom Herausgeberkreis im Rahmen des eingeräumten Budgets für tatsächlich anfallende Ausgaben abgerufen würden.

25 

Zum Vortrag des Klägers betreffend den Aktenvermerk vom 14.04.2005 hat der Beigeladene zu 1 erklärt, dass er ihn nicht kenne und in seiner Akte auch nicht finden könne. Auch eine Nachfrage bei Frau Q. und bei Frau R. habe lediglich ergeben, dass sich beide an einen solchen Vermerk nicht erinnern könnten. Es seien niemals Honorare an Herausgeber gezahlt worden. Das habe auch der Kläger selbst so vorgetragen, denn auch er habe niemals ein Honorar erhalten und auch niemals ein solches Honorar verlangt.

26 

Die vom Kläger angestrengte Klage gegen seinen Ausschluss aus dem Herausgeberkreis ist durch Teilurteil des Landgerichts Heidelberg vom 06.11.2019 – 5 O 32/19 (Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht – ZinsO – 2020, 109) abgewiesen worden. Dabei sind die dort beklagten Beigeladenen auf weiteren Antrag des Klägers zudem dazu verurteilt worden, eine Auseinandersetzungsbilanz der Herausgebergesellschaft auf den 09.11.2017 vorzulegen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die dagegen geführten Berufungen sowohl des Klägers als auch der Beigeladenen durch Urteil vom 12.05.2021 – 7 U 176/19 (ZInsO 2021, 1786) zurückgewiesen und die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Dagegen hat der Kläger unter dem Az. II ZR 97/21 Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

27 

Der Berichterstatter des Senats hat durch Beschluss vom 24.01.2020 zunächst nur den Geschäftsführenden Herausgeber, den Beigeladenen zu 1, zum Klageverfahren beigeladen und die Sach- und Rechtslage am 15.07.2020 mit dem Kläger, dem Beklagten und dem Beigeladenen zu 1 im Einzelnen erörtert. Anschließend sind durch Beschluss vom 08.08.2020 auch die übrigen Beigeladenen zum Klageverfahren beigeladen worden. Der Senat hat in der Streitsache am 21.01.2022 mündlich verhandelt. Auf den Inhalt der über den Erörterungstermin und der mündlichen Verhandlung angefertigten Niederschriften sowie auf den Inhalt der dem Senat vorgelegten Akten und Unterlagen und auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe 

28 

I. Der Senat entscheidet über die Klage aufgrund der am 21.01.2022 durchgeführten mündlichen Verhandlung in seiner sich aus dem Geschäftsverteilungsplan ergebenden Besetzung unter Einschluss des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ZZ.

29 

Zwar hat der Kläger persönlich mit Schriftsatz vom 23.01.2022, eingegangen am gleichen Tag, den Vorsitzenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Es kann jedoch dahinstehen, ob mit den in diesem Schriftsatz enthaltenen Ausführungen überhaupt ein tragfähiger Ablehnungsgrund geltend gemacht worden ist. Denn der Kläger hat sein Ablehnungsrecht jedenfalls dadurch verloren, dass er sich in die mündliche Verhandlung am 21.01.2022 rügelos eingelassen und dort über seinen Prozessbevollmächtigten einen Sachantrag gestellt hat (§ 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – i. V. m. § 43 der Zivilprozessordnung – ZPO –; vgl. dazu BFH-Beschluss vom 10.01.1998 – IV B 114/97, BFH/NV 1999, 57). Der Kläger hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Ablehnungsgrund erst später – also nach Schluss der mündlichen Verhandlung – entstanden oder ihm bekannt geworden sei. Er führt vielmehr selbst aus, dass es ihm bei seiner Richterablehnung um einzelne, näher bezeichnete Äußerungen des Vorsitzenden Richters zur (möglichen) Würdigung von Tatsachen und Vorgängen gehe, die im Laufe der mündlichen Verhandlung angesprochen wurden. Diese Äußerungen waren dem Kläger daher schon bei der Antragstellung bekannt. Dass er sie erst zwei Tage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand der Richterablehnung gemacht hat, rechtfertigt der Kläger damit, dass er sie zunächst noch einmal mit seinen Aufzeichnungen über den vom Berichterstatter am 15.07.2022 durchgeführten Erörterungstermin abgeglichen habe und dass ihm erst nach einem Überschlafen die volle Dimension der Ablehnungsgründe deutlich geworden sei. Eine solche bloß nachträglich gewonnene Erkenntnis genügt den Erfordernissen des § 44 Abs. 4 Satz 1 ZPO jedoch nicht.

II.

30 

Der Senat entscheidet aufgrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung durch Urteil, obgleich im Verhandlungstermin am 21.01.2022 von Seiten des Beklagten kein Prozessvertreter erschienen ist.

31 

Denn der Beklagte war zur mündlichen Verhandlung durch Ladungsverfügung vom 21.12.2021, die dem Beklagten noch am gleichen Tage zugestellt worden war, ordnungsgemäß geladen worden. Dabei war der Beklagte auch darauf hingewiesen worden, dass bei seinem Ausbleiben zur mündlichen Verhandlung auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne (§ 91 Abs. 2 FGO). Den Antrag, dem Beklagten gemäß § 91a Abs. 1 FGO eine Teilnahme an der Verhandlung und die Vornahme von Verfahrenshandlungen im Wege einer Videoübertragung zu gestatten, hat der Senat durch Verfügung des Vorsitzenden Richters nach Beratung mit den beisitzenden Berufsrichtern am 20.01.2022 abgelehnt. Die dafür maßgebenden, dem Beklagten am 17.01.2022 und am 20.01.2022 telefonisch mitgeteilten Gründe waren sachgerecht. So war es bei derartigen Videoverhandlungen des Senats wie auch der vom Senat bestellten Einzelrichter zuletzt mehrfach zu technischen Schwierigkeiten gekommen, die – wenn sie erneut aufgetreten wären – das Risiko einer Vertagung nach sich gezogen hätten, was den übrigen Beteiligten mit Blick auf ihre weite Anreise und die Dauer und Bedeutung des Verfahrens nicht hätte zugemutet werden können. Außerdem war die vom Beklagten befürchtete Ansteckungsgefahr im Hinblick auf die Terminierung im Großen Sitzungssaal des Finanzgerichts am späten Freitagvormittag – an dem bloß vereinzelt mit Begegnungen mit anderen Personen im Gerichtsgebäude zu rechnen sein würde – und unter Berücksichtigung der umfangreichen Vorkehrungen der Gerichtsverwaltung zur Minderung des Ansteckungsrisikos nur sehr gering. Der Beklagte hat zudem mit Schriftsatz vom frühen Morgen des 21.01.2022 ausdrücklich erklärt, dass auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

III.

32 

Die Klage ist als Sprungklage auch ohne vorherige Durchführung eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens zulässig (§ 45 Abs. 1 FGO). Der Beklagte hat der Sprungklage durch Schriftsatz vom 18.09.2018 innerhalb der dafür geltenden Frist von einem Monat ab Zustellung der Klageschrift ausdrücklich zugestimmt. Der Kläger ist auch, obwohl er nicht zum geschäftsführenden Gesellschafter des Herausgeberkreises i. S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO bestellt war, klagebefugt, da er aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden und damit faktisch ausgeschieden ist (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO). Zudem sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH bei einem negativen Feststellungsbescheid neben der Gesellschaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO auch die Gesellschafter selbst klagebefugt (vgl. zuletzt BFH-Urteile vom 18.08.2015 – I R 42/14, BFH/NV 2016, 164, unter II. 1. c. cc., und vom 19.01.2017 – IV R 50/13, BFH/NV 2017, 751, unter B. I. 1. b.).

IV.

33 

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

34 

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 10.07.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat in der Sache und auch der Form nach zutreffend durch negativen Feststellungsbescheid entschieden, dass ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte des aus dem Kläger und den Beigeladenen bestehenden Herausgeberkreises der Zeitschrift 1 und der Zeitschrift 2 für die Streitjahre 2008 bis 2016 nicht durchzuführen war.

35 

1. Der Herausgeberkreis hat, anders als der Kläger meint, in den Streitjahren keine der Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegenden Einkünfte erzielt.

36 

a) Der Einkommensteuer unterliegen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG nur die dort näher bezeichneten und innerhalb der dort genannten sieben Einkunftsarten erzielten Einkünfte, und zwar jeweils in Gestalt entweder eines Gewinns oder eines Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 EStG).

37 

aa) Kennzeichnend für sämtliche dieser Einkunftsarten – und damit auch für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), als die die Herausgebertätigkeit für eine wissenschaftliche Fachzeitschrift in der Regel einzuordnen sein wird – ist indessen, dass die ihnen zugrundeliegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte oder Überschüsse dienen. Fehlt es hingegen an dieser Voraussetzung, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 EStG einordnen ließen. Verluste, die dem Steuerpflichtigen durch ein solches unter keine Einkunftsart fallendes Verhalten – auch als „Liebhaberei“ bezeichnet – entstehen, wirken sich ebenso wenig einkommensmindernd aus, wie etwaige Gewinne oder Überschüsse daraus das steuerpflichtige Einkommen erhöhen. Dies folgt, wie der BFH in der Grundsatzentscheidung seines Großen Senats vom 25.06.1984 – GrS 4/82 (BStBl. II 1984, 751, unter C. IV. 2. c. aa. (1).) näher ausgeführt hat, aus dem Zweck des EStG, Mittel für die öffentliche Hand zu beschaffen und dabei den Steuerpflichtigen entsprechend seiner Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Dieser Zweck ist nämlich nur zu erreichen, wenn auf Dauer gesehen positive Einkünfte für die Besteuerung erfasst werden können.

38 

bb) Entscheidend ist daher insoweit, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Dabei muss die Betriebsführung in Fällen, in denen es sich – wie hier bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – um eine Personengesellschaft handelt, auf eine Mehrung des Betriebsvermögens der Gesellschaft gerichtet sein, welches allerdings in Gestalt von Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter (Mitunternehmer) dadurch erweitert wird, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (hier i. V. m. § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG) die Vergütungen für die Überlassung von Diensten, Kapital oder Wirtschaftsgütern den Gewinnanteilen gleichstellt. Diese Voraussetzung muss zudem vom Beginn bis zum Ende der steuerrechtlich relevanten Tätigkeit der Personengesellschaft vorliegen, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf den Beitritt oder das Ausscheiden eines Gesellschafters ankommen würde (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, unter C. IV. 3. a.).

39 

cc) Die damit angesprochene Gewinnerzielungsabsicht ist nach der Rechtsprechung des BFH als das Streben nach Gewinn aufzufassen. Gewinn wird dabei als eine Vermögensmehrung angesehen, die sich in einer nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelten Betriebsvermögensmehrung oder in einem allgemeinen wirtschaftlichen Vorteil zeigen kann.

40 

Daher liegen nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984 – GrS 4/82 (BStBl. II 1984, 751, unter C. IV. 2. a.) in Fällen, in denen mit den Einnahmen lediglich die Selbstkosten gedeckt werden sollen, keine einkommensteuerrechtlich anzusetzenden Einkünfte vor, wobei zur Kostendeckung neben der Erwirtschaftung der laufenden Kosten auch die Erhaltung des der gewerblichen (oder freiberuflichen) Tätigkeit dienenden Vermögens gehört. Diese Rechtsprechung, die der BFH zunächst für die Beurteilung der Gewerbesteuerpflichtigkeit derartiger Kostendeckungseinnahmen entwickelt hatte (vgl. dazu BFH-Urteil vom 27.05.1964 – I 226/62 U, BStBl. III 1964, 485) – wo indessen die gleichen Maßstäbe gelten wie im Einkommensteuerrecht (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.1976 – I R 58/75, BStBl. II 1977, 250, unter 1. b.) –, beruht auf der Erwägung, dass bei einem auf die Erzielung von Einnahmen zur Kostendeckung angelegten Betrieb der Entschluss, in einem oder in mehreren Wirtschaftsjahren einen Gewinn i. S. des § 4 Abs. 1 EStG zu erwirtschaften, solange keinen Gewerbebetrieb begründen kann, als diese Gewinne – selbst wenn sie nicht unbeträchtlich sein sollten – lediglich der Erhaltung und der Wiedererlangung des durch vorausgehende Verluste verlorenen Vermögens (und nicht darüber hinaus auch der Gewinnerzielung) dienen sollen (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.1976 – I R 58/75, BStBl. II 1977, 250, unter 1. b. und unter 2.). Darauf aufbauend hat nach dem BFH-Urteil vom 22.08.1984 – I R 102/81 (BStBl. II 1985, 61, unter II. 2. a.) Entsprechendes zu gelten, wenn Gewinne ausschließlich zu dem Zweck erzielt werden, Rücklagen für Vermögensverluste zu bilden, mit denen für die Zukunft ernsthaft gerechnet werden muss. Denn wirtschaftlich gesehen besteht zwischen den in beiden Fallgruppen verfolgten Absichten kein Unterschied.Dafür bedarf es allerdings der Feststellung, dass konkrete Kosten auf das Unternehmen zukommen, die nach der Wesensart des Betriebs und nach der Art seiner Bewirtschaftung aus den laufenden Einnahmen nicht gedeckt werden können und einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter die Bildung von Rücklagen schon in den Streitjahren nahelegen (BFH-Urteil vom 22.08.1984 – I R 102/81, BStBl. II 1985, 61, unter II. 2. b.; vgl. auch BFH-Urteil vom 03.02.1988 – I R 264/83, BFH/NV 1989, 388; zustimmend Musil in Herrmann/Heuer/Raupach – HHR –, § 2 EStG Anm. 381 – Stand: Januar 2019 –).

41 

b) Nach diesen Maßstäben lagen in den Streitjahren keine einkommensteuerrelevanten Einkünfte vor. Weder war die gemeinschaftlich ausgeübte Herausgebertätigkeit des Klägers und der Beigeladenen objektiv zur Erzielung von Einkünften – verstanden i. S. eines Totalgewinns bzw. eines nachhaltigen Überschusses der zugeflossenen Einnahmen über die damit verbundenen Ausgaben – geeignet, noch war diese Tätigkeit dazu nach dem miteinander vereinbarten Gesellschaftszweck bestimmt.

42 

aa) Zwar teilt der Senat die Auffassung des Klägers, dass die im Streit stehenden finanziellen Mittel, soweit sie vom Verlag auf den dafür unterhaltenen Bankkonten bereitgestellt worden sind, dem Herausgeberkreis in den Streitjahren bereits zugeflossen und den Herausgebern mithin als gemeinschaftlich erzielte Einnahmen zuzurechnen waren. Ein wirksames Treuhandverhältnis i. S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO), aufgrund dessen die Bankguthaben dem Verlag als Treugeber zuzurechnen gewesen wären, hat zwischen dem Herausgeberkreis und dem Verlag nicht bestanden. Auch wenn der Beigeladene zu 1 bei der Eröffnung dieser Bankkonten den Begriff des Treuhandkontos verwendet und der Bank gegenüber dem Verlag als wirtschaftlich Berechtigten der Kontoeröffnung bezeichnet hat, ist für eine solche Treuhandabrede von Seiten der Beigeladenen nichts vorgetragen und keinerlei Beleg dafür vorgelegt worden, dass der Verlag von einer solchen Stellung als Treugeber gewusst haben könnte. Dergleichen wäre auch nicht im wirtschaftlichen Interesse des Verlags gewesen, da dieser die Guthaben ansonsten in seinen eigenen Jahresabschlüssen zum jeweiligen Bilanzstichtag als Aktivposten hätte bilanzieren müssen. Der Senat geht demgegenüber davon aus, dass der Verlag die Auszahlung der Mittel jeweils im Wirtschaftsjahr ihres Abflusses als Betriebsausgaben gebucht und sie daher sogleich als gewinnmindernd abgezogen hat. Dagegen haben die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung im Übrigen auch keine Einwände erhoben.

43 

bb) Anders als der Kläger meint, waren diese Einnahmen allerdings weder dazu geeignet noch bestimmt, mit ihnen auf Seiten des Herausgeberkreises steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen. Der Senat ist vielmehr bei Würdigung aller Umstände des Streitfalls davon überzeugt, dass die gemeinschaftliche Tätigkeit der Mitherausgeber von Beginn an und auch noch in sämtlichen Streitjahren ausschließlich unentgeltlich ausgeübt worden ist und, soweit mit ihr Einnahmen verbunden waren, lediglich darauf ausgerichtet war, die mit der Herausgebertätigkeit verbundenen Kosten abzudecken.

44 

Dafür sprechen bereits die zwischen den Mitherausgebern einvernehmlich getroffenen Vereinbarungen. Zwar existiert weder ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag noch sonst ein gemeinsam aufgesetztes Schriftstück, aus dem sich eine solche Abrede unzweifelhaft ergeben würde. Das ist jedoch auch nicht erforderlich, da derartige Vereinbarungen auch konkludent durch schlüssiges Handeln eingegangen werden können. Hierzu haben sämtliche Beigeladenen überzeugend vorgetragen, dass sie ihre Herausgebertätigkeit von Anbeginn an – also seit sie in den Herausgeberkreis eingetreten sind – ausschließlich pro bono ausgeübt und dafür niemals ein Honorar verlangt oder bekommen haben. Diese Unentgeltlichkeit ist ihrem Verständnis nach quasi Geschäftsgrundlage der Herausgebertätigkeit gewesen. Diesen Standpunkt haben sich offenkundig auch sämtliche zwischenzeitlich ausgeschiedenen Altgesellschafter einschließlich der beiden Gründungsherausgeber N.N. und O.O. zu eigen gemacht, die gleichfalls zum Adressatenkreis des vom Beigeladenen zu 1, dem Geschäftsführenden Herausgeber, aufgesetzten Schreibens an den Herausgeberkreis vom 18.04.2016 gehört hatten und in dem dieser ausdrücklich geltend gemacht hatte, dass sämtliche Herausgeber einschließlich der Schriftleiter in jahrzehntelanger Tradition ihre Leistungen pro bono erbrächten und aus den Aufwandspauschalen des Verlags auch keinerlei Honorar erhielten. Darüber, dass der Beigeladene zu 1 die untereinander getroffenen Abreden damit zutreffend wiedergegeben hatte, hat in der Folgezeit zwischen allen aktiven Herausgebern – mit Ausnahme des Klägers – und, soweit ersichtlich, auch mit sämtlichen noch lebenden Altgesellschaftern Einvernehmen bestanden. Auch der Kläger hatte bis zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls nach außen hin, noch keine andere Auffassung vertreten. Er war weder bei seinem Eintritt in den Herausgeberkreis Ende der 1990er Jahre (bei der auch nach seiner eigenen Aussage über mögliche Vergütungsansprüche kein Wort verloren worden ist) noch später – und auch nicht nach Übernahme der Schriftleitertätigkeit bei der Zeitschrift 2 ab 2004 – an die anderen Mitherausgeber mit dem Begehren herangetreten, für diese Tätigkeit jetzt oder künftig eine Ausschüttung aus möglichen gemeinschaftlich erwirtschafteten Honorarguthaben zu erhalten. Auch der – ihm bekannten – Handhabung des Geschäftsführenden Herausgebers, derartige Auszahlungen weder an ihn noch gegenüber seinen anderen Mitherausgebern vorzunehmen, hatte der Kläger bis in das Jahr 2016 hinein zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Erst danach hat er erstmals vorgebracht, er sei immer davon ausgegangen, zu einem späteren Zeitpunkt, jedenfalls aber bei seinem Ausscheiden aus dem Herausgeberkreis, eine Ausschüttung aus bis dahin angesammelten Honorarguthaben zu erhalten. Ein solcher, bis dahin bloß innerlich gebliebener Vorbehalt wäre für die Auslegung der zwischen den Mitherausgebern bereits früher eingegangenen Vereinbarungen jedoch unbeachtlich.

45 

Es kommt hinzu, dass dieses Vorbringen des Klägers wenig glaubhaft erscheint. Nach dem übereinstimmenden Vortrag aller Beteiligten – und auch des Klägers – hatte es bis zu seinem Ausschluss aus dem Herausgeberkreis im November 2017 zu keinem Zeitpunkt eine derartige Abfindungszahlung an einen ausscheidenden Gesellschafter gegeben. Das hatte selbst für die Gründungsgesellschafter N.N. und O.O. gegolten, ohne deren maßgebliche Initiative die Etablierung der Zeitschrift 1 als der führenden Archivzeitschrift des deutschen Gesellschaftsrechts überhaupt nicht zustande gekommen wäre. Weshalb nunmehr – und auf welcher rechtlichen Grundlage – erstmals gerade der Kläger einen solchen Anspruch geltend machen könnte, erschließt sich dem Senat nicht. Zudem fehlt es an jedem tauglichen Maßstab dafür, wie dieser Anspruch des Klägers in Relation zu möglichen Ansprüchen der anderen Mitgesellschafter konkret zu bemessen wäre. Es spricht alles dafür, dass auch der Kläger bis zu seinem Zerwürfnis mit den anderen Mitherausgebern wie selbstverständlich davon ausgegangen ist, auch ihm würden für seine Herausgebertätigkeit keinerlei Vergütungsansprüche zustehen.

46 

Dem Beklagten ist schließlich auch in seiner Einschätzung beizupflichten, dass gerade der Umstand, dass die Mitherausgeber untereinander keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen hatten, maßgeblich gegen den Standpunkt des Klägers spricht, die gemeinsame Herausgebertätigkeit sei zumindest beiläufig auch auf die Erzielung von Honorareinkünften ausgerichtet gewesen. Da sich der gesamte Herausgeberkreis ausschließlich aus besonders renommierten Rechtswissenschaftlern auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts zusammengesetzt hat, hätte es sich für sie nämlich – wäre es so gewesen – geradezu aufgedrängt, dazu konkrete Vereinbarungen über die zu erbringenden Gesellschafterbeiträge und zu deren Vergütung sowie über die Gewinn- und Verlustverteilung und zu den Kapitalkonten sowie den finanziellen Folgen beim Ein- und Austritt von Gesellschaftern zu treffen.

47 

Nach Lage der Dinge geht der Senat deshalb davon aus, dass die dem Herausgeberkreis von Seiten des Verlags zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel – jedenfalls nach den zwischen den Herausgebern stillschweigend getroffenen Vereinbarungen, auf die es in diesem Zusammenhang ankommt – lediglich für die Deckung der mit der Herausgebertätigkeit verbundenen Kosten eingesetzt werden sollten und aus Sicht der Herausgeber auch nicht teilweise dazu bestimmt waren, als Tätigkeitsvergütung für alle oder für einzelne Gesellschafter zu dienen. Mögliche Überschüsse in einzelnen Jahren sollten abredegemäß weder sofort noch später zur Verteilung an die Gesellschafter gelangen, sondern ausschließlich zur Bestreitung von bereits absehbaren, künftig anfallenden Ausgaben verwendet werden. Dazu haben die Beigeladenen überzeugend vorgetragen, dass mit derartigen Ausgaben, die über die laufenden, jährlich wiederkehrenden Aufwendungen für Reisekosten der Herausgeber sowie für die Ausrichtung von Symposien und für die Beschäftigung von studentischen Hilfskräften bei der Redaktion der Zeitschriften hinausgehen würden, in naher Zukunft voraussichtlich zu rechnen sein würde. Sie haben schlüssig und plausibel dargelegt, dass solche erhöhten Ausgaben künftig im Zusammenhang mit im Ausland durchgeführten Symposien sowie zum Ausgleich höherer Übersetzungskosten würden anfallen können. Außerdem sollte neben den beiden Zeitschriften Zeitschrift 1 und Zeitschrift 2 in absehbarer Zeit noch eine Schriftenreihe fortgeführt werden, in der wissenschaftlich bedeutsame Publikationen aus dem Themenbereich der Zeitschriften in Buchform erscheinen sollten. Für die Herstellung dieser umfangreichen Werke, zu denen auch verschiedene Sonderbände der Zeitschriften gehören sollten, sollte durch Ansammlung von Mitteln Vorsorge getroffen werden.

48 

Dass die zwischen den Mitherausgebern getroffenen Vereinbarungen lediglich auf die Deckung der anfallenden Kosten und nicht auf die Erzielung von Überschüssen zur Honorarverteilung im Gesellschafterkreis ausgerichtet waren, lässt sich schließlich auch anhand der Umstände erkennen, unter denen der Beigeladene zu 1 als Geschäftsführender Herausgeber die dem Herausgeberkreis zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel verwaltet hat. So hat er etwa die vom Verlag vertraglich zugesagten Pauschalbeträge in einer Reihe von Jahren nicht abgerufen und auch später nicht nachgefordert. Diese Vorgehensweise hat er – für den Senat nachvollziehbar – damit begründet, dass die Pauschalen damals (und zwar in Anbetracht der nicht unerheblichen Guthaben auf den eingerichteten Bankkonten) zur Bestreitung der laufenden und der voraussichtlich künftig anfallenden Aufwendungen nicht benötigt worden seien. Bereits das zeigt, dass es dem Herausgeberkreis letztlich nicht um die Erwirtschaftung eines Überschusses in einer Größenordnung gegangen ist, wie sie für eine angemessene Honorarverteilung an die Gesellschafter erforderlich gewesen wäre. Auch dass der Beigeladene zu 1 die für den Herausgeberkreis eröffneten Bankkonten – wenn auch ohne Absprache mit dem Verlag – als Treuhandkonten bezeichnet und eingerichtet hat, lässt zumindest als Indiz einen Rückschluss darauf zu, dass er den Herausgeberkreis nicht als wirtschaftlichen Berechtigten der Guthaben in dem Sinne angesehen hat, dass die darauf befindlichen Mittel frei und ohne Zweckbindung, also über die Bestreitung laufender und künftig absehbarer Kosten hinaus, verwendet werden dürften. Ein weiteres Indiz dafür ist schließlich auch der Umstand, dass der Herausgeberkreis – wenn auch erst nach dem Ausschluss des Klägers – die Verfahrensweise geändert, die noch verbliebenen finanziellen Mittel an den Verlag zurückübertragen und die Pauschalen seither nur noch nach Bedarf innerhalb des zugeteilten Budgets und bloß zur Deckung konkret anfallender Ausgaben abgerufen hat.

49 

cc) Anders als der Kläger meint, spricht dagegen auch nicht der Umstand, dass die hier streitigen pauschalen Zahlungen nach den zwischen dem Verlag und dem Herausgeberkreis geschlossenen Verträgen, dort jeweils in § 6 Ziff. 6.1 Satz 1, sowohl „für die vom Geschäftsführenden Herausgeber, den Herausgebern und Schriftleitern nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen“ als auch „zur Abgeltung sämtlicher damit verbundener Unkosten“ bestimmt waren. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass diese Formulierung zumindest auch auf eine Leistungsvergütung hinzudeuten scheint, wobei die Bezeichnung allerdings im daran anschließenden Satz 3 der Regelung – in dem es um die Fälligkeit und die Zahlungsweise geht – nicht wieder aufgegriffen und dort nur noch von einer „Unkostenpauschale“ gesprochen wird. Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit des Herausgeberkreises objektiv zur Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte geeignet und subjektiv auf die Erwirtschaftung eines Totalgewinns ausgerichtet war, sind jedoch allein die zwischen den Gesellschaftern getroffenen Vereinbarungen und nicht der Wortlaut von Abreden mit fremden Dritten. Hinzu kommt, dass die Herausgabeverträge, wie der Kläger selbst vorgetragen hat, bis zum Ablauf der Streitjahre nur wenigen Mitherausgebern bekannt waren, so dass sich aus den dort gewählten Formulierungen schon aus diesem Grunde keine Rückschlüsse auf die im Herausgeberkreis getroffenen Abreden zu möglichen Entgeltansprüchen für die Übernahme der Herausgebertätigkeit ableiten lassen.

50 

dd) Diese gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zielten, wie dargelegt, darauf ab, dass mit den erwirtschafteten Einnahmen lediglich die Selbstkosten gedeckt und allenfalls noch Rücklagen für Vermögensverluste gebildet werden sollten, mit denen für die Zukunft ernsthaft gerechnet werden musste, weil sie aus den laufenden Einnahmen nicht gedeckt werden konnten. Da im Herausgeberkreis Einvernehmen darüber bestand, dass die Tätigkeit der Mitherausgeber ohne Vergütung und pro bono ausgeübt werden sollte, und sein wirtschaftliches Bestreben lediglich von der Absicht getragen war, die entstehenden Kosten zu decken, ließen sich positive Einkünfte i. S. eines Totalgewinns auf längere Sicht nicht erwirtschaften. Aus dieser Einnahmen- und Ausgabenstruktur folgt, dass die erzielten Einnahmen durch die laufenden und künftigen Ausgaben in vollem Umfang wieder aufgezehrt werden und daher zur Mittelbeschaffung für die öffentliche Hand, die Ziel der Einkommensbesteuerung ist, nicht geeignet sind.

51 

ee) Entgegen der Auffassung des Klägers könnten in einen derartigen Totalgewinn im Übrigen weder ein möglicher Betriebsaufgabegewinn noch mögliche ausstehende Forderungen an den Verlag einbezogen werden.

52 

Ein solcher Aufgabegewinn könnte nach Lage der Dinge nämlich allenfalls dann entstehen, wenn der Herausgeberkreis aufgelöst und die Rechte an den Zeitschriftentiteln „Zeitschrift 1“ und „Zeitschrift 2“ an einen fremden Dritten veräußert würden. Dafür, dass eine solche Situation jemals eintreten könnte, ist jedoch nichts ersichtlich. Wie bereits die Zivilgerichte in dem zwischen dem Kläger und den Beigeladenen geführten Rechtsstreit um dessen Ausschluss aus dem Herausgeberkreis entschieden haben, sollte die zwischen ihnen eingegangene Gesellschaft nach dem mündlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen, auch wenn einer der Gesellschafter kündigt oder ausgeschlossen wird. Denn der Zweck der Gesellschaft war ersichtlich auf ein langfristiges, dauerhaftes periodisches Erscheinen der Zeitschriften gerichtet, und es war für jeden aktiven und ausgeschiedenen Herausgeber stets klar, dass mit seinem Ausscheiden die übrigen Herausgeber die Zeitschriften weiterführen sollten und ersichtlich keiner der Gesellschafter beim Ausscheiden eines Mitherausgebers die Herausgebergemeinschaft auflösen und die Zeitschriften Dritten übertragen wollte (vgl. im Einzelnen Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 12.05.2021 – 7 U 176/19, ZInsO 2021, 1786, unter I. 4. a.). Diesen Überlegungen schließt sich auch der erkennende Senat an. Der Senat ist davon überzeugt, dass zwischen den Herausgebern zu jedem Zeitpunkt Einigkeit darüber bestand – und besteht –, dass die Existenz der Zeitschrift 1 wie auch der Zeitschrift 2 – wie bei anderen führenden Archivzeitschriften auch – die Amtszeit der Gründer und auch der ihnen nachfolgenden Herausgeber überdauern solle. Das Vertragswerk war – und ist – mithin lediglich auf einen Wechsel der Herausgeber und nicht auf Veräußerung angelegt, so dass ein etwaiger Veräußerungserlös nicht mit einbezogen werden könnte.

53 

Gleichfalls nicht anzusetzen wären mögliche Ansprüche gegen den Verlag auf Auszahlung von Pauschalbeträgen für frühere Kalenderjahre. Denn diese Gelder waren vom Geschäftsführenden Herausgeber aufgrund des Umstands, dass sie zur Deckung der laufenden und der absehbaren zukünftigen Kosten nicht benötigt wurden, nicht abgerufen worden. Diese Verfahrensweise stand im Einklang mit der im Herausgeberkreis stillschweigend getroffenen Abrede, dass mit der Herausgebertätigkeit weder gegenwärtig noch zukünftig die Zahlung von Vergütungen verbunden sein sollte. Daraus ergibt sich, dass der Herausgeberkreis auf die Pauschalbeträge insoweit verzichtet hat und sie deshalb folgerichtig auch nicht mehr geltend machen kann.

54 

c) Die vom Herausgeberkreis erzielten Einnahmen sind daher, weil sie lediglich zur Kostendeckung bestimmt und nicht von der Absicht zur Gewinnerzielung getragen waren, einkommensteuerrechtlich unbeachtlich.

55 

Zu Unrecht wendet der Kläger dagegen ein, dass für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht bereits das mittelbare Streben nach Gewinn ausreichend sei. Dafür beruft er sich auf das BFH-Urteil vom 16.01.1975 – IV R 75/74 (BStBl. II 1975, 558) und auf die ihm zustimmende Kommentierung bei Musil in HHR, § 2 EStG Anm. 381 (Stand: Januar 2019) sowie auf den Umstand, dass die Zugehörigkeit zum Herausgeberkreis der Zeitschrift 1 und der Zeitschrift 2 einer Äußerung des Beigeladenen zu 7 zufolge „Millionen wert“ sei. Die Stellung als Mitherausgeber habe erhebliche mittelbare wirtschaftliche Vorteile zur Folge, weil sich das mit ihr verbundene wissenschaftliche Renommee in Form finanziell lukrativer Mandate, Gutachtenaufträge und Schiedsrichterbestellungen in großem Umfang „monetarisieren“, also zu Geld machen lasse.

56 

Der Senat geht zwar davon aus, dass diese Beobachtung des Klägers im Kern zutreffend ist. Gleichwohl bewirkt sie für sich genommen noch keine Gewinnerzielungsabsicht auf der Ebene des Herausgeberkreises, für den dessen Gesellschafter – anders als bei der davon zu trennenden und für eigene Rechnung betriebenen Mandatsakquise sowie der Gutachten- und Schiedsgerichtsübernahme – vereinbarungsgemäß unentgeltlich tätig geworden sind. Der Streitfall liegt insoweit völlig anders als der dem BFH-Urteil vom 16.01.1975 – IV R 75/74 (BStBl. II 1975, 558) zugrundeliegende Sachverhalt. Dort ging es um eine von angehenden Architekten gebildete GbR, die sich nachhaltig an öffentlich ausgeschriebenen Ideenwettbewerben auf dem Gebiet des Städtebaus beteiligt und dabei mehrfach erhebliche Preisgelder gewonnen und dadurch Überschüsse in beträchtlicher Höhe erwirtschaftet hatte. Im Revisionsverfahren vor dem BFH hatte sich diese GbR darauf berufen, dass die Teilnahme an derartigen Ideenwettbewerben zur nachhaltigen Erzielung positiver Einkünfte im Allgemeinen (und damit schon dem Grunde nach) nicht geeignet sei, weil die Chancen, einen der ausgesetzten Preise zu erhalten, zu gering seien. In diesem Zusammenhang hat der BFH maßgeblich auf die konkreten Umstände des Einzelfalles verwiesen und dazu einerseits den tatsächlich erwirtschafteten beträchtlichen Überschuss und andererseits die Sicherung der sich aus der Wettbewerbsteilnahme ergebenden weiteren Vorteile – nämlich in Gestalt des Erwerbs von besonderen Kenntnissen und Erfahrungen und der Hinzuziehung zu Folgeaufträgen – herangezogen. In diesem Zusammenhang mag ergänzend auch auf derartige mittelbare Vorteile abgestellt werden können. Dagegen fehlt es im Streitfall schon an der Erwirtschaftung eines Einnahmenüberschusses, dessen Nichtvorhandensein durch solche Nebeneffekte nicht aufgewogen werden kann. Den Beigeladenen ist zudem darin beizupflichten – und auch insoweit unterscheidet sich der Streitfall maßgeblich von dem des BFH-Urteils vom 16.01.1975 – IV R 75/74 (BStBl. II 1975, 558) –, dass sich jeder in den Herausgeberkreis aufgenommene Gesellschafter schon vor seinem Eintritt ein erhebliches wissenschaftliches Renommee erarbeitet hatte, da die Zugehörigkeit zum Kreis der führenden deutschen Gesellschaftsrechtler gerade eine der entscheidenden Voraussetzungen für das Ergehen einer Beitrittseinladung war. Die vom Kläger angesprochenen mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile werden durch das Erlangen der Herausgeberstellung zwar tendenziell verstärkt, sie haben aber schon vorher bestanden und sind darauf daher – anders als im Architektenfall – nicht ausschließlich (und nach Einschätzung des Senats nicht einmal zum überwiegenden Teil) ursächlich zurückzuführen.

57 

d) Damit erübrigt sich auch die Frage, ob der Kläger die Rechtsprechung des BFH zutreffend wiedergibt, wenn er ausführen lässt, dass bei Vorliegen einer positiven Ergebnisprognose stets von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen sei. Selbst wenn sich eine solche Aussage aus den dafür angeführten BFH-Entscheidungen vom 25.06.1984 – GrS 4/82 (BStBl. II 1984, 751), vom 03.12.1987 – IV R 41/85 (BStBl. II 1988, 266), vom 13.05.1993 – IV R 131/92 (BFH/NV 1994, 93), vom 08.08.1996 – XI B 187/95 (BFH/NV 1996, 891), vom 16.12.1998 – I R 36/98 (BStBl. II 1999, 366), vom 14.12.2004 – XI R 6/02 (BStBl. II 2005, 392) und vom 30.06.2009 – VIII B 8/09 (BFH/NV 2009, 1977) in dieser Allgemeinheit entnehmen lassen sollte, würde sich dadurch an der Beurteilung des Streitfalls nichts ändern, da die Tätigkeit des Herausgeberkreises – wie dargelegt – ausschließlich auf die Erlangung von Kostenersatz ausgerichtet war und es zu einem positiven Gesamtergebnis schon deshalb nicht kommen konnte.

58 

2. Zumindest für die Streitjahre 2008 und 2009 kommt hinzu, dass ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus der Herausgebertätigkeit (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO) schon deshalb nicht mehr durchgeführt werden kann, weil insoweit bei Antragstellung des Klägers am 09.06.2017 bereits Feststellungsverjährung (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO) eingetreten war.

59 

Die dafür maßgebliche Feststellungsfrist hat sich nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO auf vier Jahre belaufen und gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs begonnen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Einkommen-steuer entstanden ist, für die die Feststellung von Bedeutung ist. Für den Veranlagungszeitraum 2008 ist mithin mit Ablauf des 31.12.2015 und für den Veranlagungszeitraum 2009 mit Ablauf des 31.12.2016 Feststellungsverjährung eingetreten. Entgegen der Auffassung des Klägers konnte sich die Feststellungsfrist schon deshalb nicht über § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängern, weil dafür die Einkommensteuer vorsätzlich hätte hinterzogen worden sein müssen. Von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO), die seitens des Beigeladenen zu 1 begangen worden sein müsste, kann aber, nachdem selbst der Beklagte als örtlich zuständiges Finanzamt die Betätigung des Herausgeberkreises nach Überprüfung des Sachverhalts als einkommensteuerlich unbeachtlich angesehen hat, keine Rede mehr sein.

60 

3. Allenfalls für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume ab 2010 konnte dem am 09.06.2017 gestellten Feststellungsantrag über § 171 Abs. 3 AO Ablaufhemmung zukommen, bis über den Antrag unanfechtbar entschieden worden sein würde. Da dieser Antrag mangels Vorliegens einkommensteuerlich relevanter Einkünfte ohnehin nicht positiv beschieden werden konnte, kann im Streitfall dahinstehen, ob möglicherweise mit Blick auf das BFH-Urteil vom 23.09.2020 – XI R 1/19 (BStBl. II 2021, 341) auch für das Kalenderjahr 2010 bereits Feststellungsverjährung eingetreten ist. Danach kommt einem Antrag die Rechtswirkung des § 171 Abs. 3 AO nämlich nur dann zu, wenn sich das vom Antragsteller verfolgte Begehren seinem sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen bereits aus dem Antrag selbst ergibt, wobei er zur Konkretisierung seines Antrags ggf. eine substantiierte eigene Schätzung anhand der ihm zugänglichen Erkenntnisquellen vornehmen muss. Daran bestehen – worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat – erhebliche Zweifel, da die Finanzverwaltung anhand der vom Kläger übergebenen Unterlagen, die jedenfalls jeglicher Angaben zur Verteilung des behaupteten Gewinns unter die Gesellschafter entbehrt haben, noch keinen Feststellungsbescheid für 2010 hätte erlassen können.

61 

4. Der Beklagte hat über den Antrag des Klägers auch verfahrensrechtlich zutreffend durch negativen Feststellungsbescheid entschieden. Ein solcher Bescheid hat nach der Rechtsprechung des BFH nämlich insbesondere dann zu ergehen, wenn die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO (wie hier) mit der Begründung verneint wird, dass auf der Ebene der Gesellschaft keine Gewinnerzielungsabsicht vorgelegen habe (vgl. BFH-Urteile vom 11.11.2014 – VIII R 37/11, nicht veröffentlicht, unter II. 2. a., und vom 19.01.2017 – IV R 5/16, BFH/NV 2017, 755, unter B. I. 1. b.).

V.

62 

Über die Klage war, wie geschehen, ohne Durchführung einer weiteren Beweiserhebung zu entscheiden. Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen des Klägers musste der Senat nicht nachgehen.

63 

1. Soweit der Kläger dort hat rügen lassen, dass noch über den Inhalt des Aktenvermerks vom 14.04.2005 Beweis erhoben werden müsse, und zwar durch Vernehmung des Rechtsanwalts U. sowie der Frau Q. und der Frau R., ist nicht ersichtlich, welche entscheidungserhebliche Tatsache durch die Zeugenvernehmung hätte aufgeklärt werden sollen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers behauptet hierzu, er habe gemeinsam mit Rechtsanwalt U. am 18.05.2017 die Kontenunterlagen des Beigeladenen zu 1 gesichtet und darin einen Aktenvermerk von dessen Lehrstuhlsekretärin, Frau Q., vorgefunden, der auf den 14.04.2005 datiert gewesen sei. Diesen habe er zwar nicht kopiert, aber seinen Inhalt in den anlässlich der Einsichtnahme angefertigten Notizen (…) wie folgt aufgezeichnet:

64 

„Aktenvermerk vom 14.4.2005

Q. à R. (…)

seit 2002: X.XXX jährlich

vor 2002   61,2% DM X.XXX Schriftleitung

28,6% bzw. 4,1% DM X.XXX für die Herausgeber (7 à XXX DM)

10,2% DM X.XXX für Symposien (X.XXX DM für 2 Jahre)

? XX.XXX DM ? X.XXX EUR“.

65 

Daraus leitet der Prozessbevollmächtigte die Behauptung ab, dass an die damaligen Herausgeber vor 2002 jährlich X.XXX DM als Gewinn ausgeschüttet worden seien. Demgegenüber bestreitet der Beigeladene zu 1 sowohl diese Gewinnausschüttungen als auch die Existenz des besagten Aktenvermerks selbst.

66 

Dem Senat erschließt sich nicht, wie durch Vernehmung der Zeugen U., Q. und R. ein tauglicher Beweis zu den behaupteten Gewinnausschüttungen geführt werden kann. Sämtliche Zeugen könnten sich dazu nur auf Kenntnisse vom Hörensagen berufen, wobei die Zeugen U. und R. diese Kenntnisse sogar allenfalls aus zweiter Hand (nämlich von Frau Q.) erlangt haben können. Demgegenüber hat der Kläger dem Herausgeberkreis bereits seit Ende der 1990er Jahre angehört, so dass auch er selbst zumindest für einige Jahre Empfänger derartiger Ausschüttungen – wenn sie denn stattgefunden hätten – hätte gewesen sein müssen. Dass tatsächlich solche Ausschüttungen erfolgt wären, hat er aber zu keiner Zeit geltend gemacht. Vielmehr ist seinen Ausführungen zufolge seit seinem Eintritt bis in das Jahr 2016 hinein über derartige Zahlungen zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 1 niemals ein Wort verloren worden. Vor diesem Hintergrund sind weitere, ins Blaue hinein zielende Sachverhaltsermittlungen zum Hintergrund möglicher Zahlungen vor 2002, die im ersten noch offenen Streitjahr fast zehn Jahre zurückgelegen haben, nach Auffassung des Senats nicht mehr geboten.

67 

2. Es war auch kein Beweis über die zwischen dem Kläger und den Beigeladenen streitig gebliebene Frage zu erheben, ob der Beigeladene zu 7 tatsächlich am 03.05.2017 die Äußerung getätigt hat, die Mitgliedschaft im Herausgeberkreis sei „Millionen wert“. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers (vgl. vorstehend unter IV. 1. c.), dass eine solche Bemerkung zumindest sinngemäß gefallen ist. Am gefundenen Ergebnis – nämlich, dass der damit verbundene mittelbare Vorteil ohne Bedeutung für die einkommensteuerrechtliche Relevanz der dem Herausgeberkreis zugeflossenen Einnahmen ist – ändert sich dadurch jedoch nichts.

68 

3. Worauf die beantragte Beweiserhebung über die Verwendung der Übersetzungskosten von Seiten des Beigeladenen zu 3 abzielen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Dazu hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 18.01.2022 vorgetragen, dass es sich dabei – es ging um einen im Jahre 2012 an den Beigeladenen zu 3 ausgezahlten Betrag von X.XXX EUR – nicht um Selbstkosten des Herausgeberkreises, sondern um Ausgaben gehandelt habe, „die tatsächlich aus erwirtschaftetem Eigenkapital geleistet werden“, da sie „ganz offensichtlich einem Buchprojekt (ge)dient (hätten), das außerhalb der Herausgabe der Zeitschriften liegt“. Zum Beleg dafür hat er zugleich jedoch selbst ein in den Zivilprozess zwischen den Parteien eingeführtes Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vorgelegt, in dem diese den Charakter der Zahlung als „Leistungsvergütung“ bestritten und zu deren Hintergrund ausgeführt hatten, dass es dabei um die Kosten der Übersetzung des englischen Rohentwurfs eines Buches durch eine professionelle Übersetzerin gehandelt habe, das im Jahre 2014 als „Special Volume“ (Sonderband) Nr. X der Zeitschrift 2 erschienen sei. Ein i. S. der Kostendeckung hinreichender Bezug zu dem Gesellschaftszweck des Herausgeberkreises war damit nach Ansicht des Senats – auch wenn der Kläger dies anders sehen mag – noch gegeben. Einer tiefergreifenden Sachaufklärung bedarf es dafür nicht.

69 

4. Der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers schriftsätzlich angekündigte Beweisantrag vom 24.03.2021, zum Nichtbestehen eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses einen Mitarbeiter des Verlags als Zeugen zu vernehmen, hat sich dadurch erledigt, dass der Senat die fehlende Kenntnis des Verlags von einer solchen Treugeberstellung, wie geschehen (vgl. vorstehend unter IV. 1. b. aa.), als wahr unterstellt hat.

VI.

70 

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Gerichtskosten aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Kläger aufzuerlegen, beruht auf § 139 Abs. 4 FGO und auf der Erwägung, dass die Beigeladenen das Verfahren weiter gefördert und sich durch Stellung eines Sachantrags selbst in das Kostenrisiko (§ 135 Abs. 3 FGO) begeben haben (vgl. BFH-Urteile vom 15.10.1997 – I R 10/92, BStBl. II 1998, 63, unter C., und vom 25.01.2006 – IV R 14/04, BStBl. II 2006, 418, unter 4.). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGOi. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der dafür in § 115 Abs. 2 FGO abschließend benannten Zulassungsgründe vorliegt.

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    Der Schwerpunkt „Weitere Impulse für eine Digitalisierung des Insolvenzverfahrens – Kleine Schritte und große Etappen“ (INDat Report 03_2022, S. 28 ff.) hat u. a. als Quellen Interviews des Autors RA Klaus Kollbach und des INDat Report mit den Landesjustizministerien von Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie dem Bundesjustizministerium und den IT-Dienstleistern Andre Koppel Software GmbH, Rummel Software GmbH und STP Informationstechnologie GmbH verwendet. Hier die kompletten, autorisierten Interviews mit den genannten Gesprächspartnern.

    INDat Report: Seit wann schreibt das Landesrecht (aufgrund der Ermächtigungsgrundlage § 5 Abs. 4 InsO) die Übermittlung von Tabellendaten durch Insolvenzverwalter an Insolvenzgerichte ausnahmslos in Form strukturierter maschinenlesbarer Datensätze nach alter Schnittstellendefinition vor (bzw. ab wann künftig nach neuem XML-Format (XJustiz 3.1.1 Fachanwendung Insolvenz))?

    Bayerisches Staatsministerium der Justiz: Eine Rechtsverordnung auf Grundlage der Ermächtigung des § 5 Abs. 4 der Insolvenzordnung (InsO) ist in Bayern bisher noch nicht erlassen worden. Der Erlass ist für das 2. Halbjahr 2022 geplant.

    Niedersächsisches Justizministerium: Die Insolvenztabellen werden in Niedersachsen seit Einführung der Insolvenzordnung zum 1. Januar 1999 mit Hilfe des Programms EUREKA-WINSOLVENZ maschinell geführt. Die Übermittlung der Tabellendaten von den Insolvenzverwaltern erfolgte zunächst mittels Datenträgern, nunmehr per EGVP nach Maßgabe der allgemein verbindlichen Schnittstellenbeschreibung der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz für die Datenübernahme von Insolvenzverwaltern in gerichtliche Systeme Version 01.000c, Stand: 23.05.2019. Die Zulassung der elektronischen Übermittlung ist durch die Niedersächsische Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz (Nds. ERVVO-Justiz), Anlage zu § 1, vom 21.10.2011 in der Fassung vom 11.11.2015 geregelt. Eine Verordnung nach § 5 Abs. 4 Satz 2 InsO, die eine zwingende elektronische Übermittlung vorschreibt, ist nicht erlassen. Unabhängig davon erfolgt die Übermittlung aber praktisch ausnahmslos elektronisch. Eine Übermittlung der Tabellendaten nach neuem XML-Format ist derzeit nicht geplant, weil bislang nicht belegt ist, dass Datenimporte mit dieser Struktur auch mit Massendaten umgehen können. Prüfungen in anderen Ländern haben ergeben, dass mit dieser Struktur zwar Tabellendaten von mehreren tausend Gläubigern übergeben werden können, was aber für größere Insolvenzverfahren nicht ansatzweise ausreichend ist.

    Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen: Die Übermittlung von Tabellendaten an die nordrhein-westfälischen Insolvenzgerichte ist in der Verordnung über die elektronische Führung und Einreichung der Tabellen und Verzeichnisse sowie der dazugehörigen Dokumente in Insolvenzsachen im Land Nordrhein-Westfalen (eTabelle Insolvenzordnung – eTab InsO) vom 9. April 2020 geregelt, die am 1. Juni 2020 in Kraft getreten ist (GV. NRW. 2020 S. 336). Der insoweit maßgebliche § 2 eTab InsO ist durch Verordnung vom 26. November 2021 (GV. NRW S. 1341), in Kraft getreten am 1. Februar 2022, modifiziert worden. Als mögliche Dateiformate für die Tabellendaten vorgesehen sind gemäß § 2 Abs. 1 eTab InsO neben XML (XJustiz in der jeweils gültigen Fassung) auch die älteren Dateiformate „TAB“ und „ITR“. Details zu den technischen Anforderungen an die Dateiformate sind auf der Internetseite https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/anschriften/elektronischer_rechtsverkehr/insolvenzgerichte/index.php bekanntgemacht. In technischer Hinsicht können in Nordrhein-Westfalen derzeit allerdings nur Insolvenztabellen in den Formaten TAB und ITR verarbeitet werden. Die Verarbeitung von Tabellendaten im XJustiz-Format (d.h. mittels der entsprechenden Fachnachrichten im XJustiz-Fachmodul Insolvenz) ist für die Zukunft geplant, aber aktuell noch nicht umgesetzt. Für die zugehörigen begründenden Unterlagen sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 eTab InsO die Dateiformate der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803) in der jeweils geltenden Fassung zulässig, wozu auch PDF zählt. Derzeit können die Unterlagen als PDF-Dokumente in strukturierter Form mittels der allgemeinen XJustiz-Nachricht „nachricht.gds.uebermittlung_schriftgutobjekte.0005005“ elektronisch eingereicht werden. Details zu den diesbezüglichen Anforderungen können der o.g. Webseite entnommen werden.

    INDat Report: Unterstützt Ihr Land die Einführung einheitlicher bundesrechtlicher Vorschriften bis Ende 2022 zur Übermittlung von Tabellendaten ausschließlich in Form maschinenlesbarer Datensätze (vergleichbar zum Handelsregister und zum Mahnverfahren)?

    Bayerisches Staatsministerium der Justiz: Das von Bayern und mehreren Ländern eingesetzte Fachverfahren unterstützt die Entgegennahme von Tabellendaten in ausschließlich strukturierter Form derzeit nicht. Bei der elektronischen Einreichung ist daher neben der Übertragung eines maschinenlesbaren Datensatzes, der zur automatischen Übernahme der Beteiligtendaten ausgelesen wird, stets die Übersendung der Tabellenblätter im PDF-Format erforderlich. Die Übermittlung von Tabellendaten in ausschließlich strukturierter Form wäre zwar zu begrüßen. Einer einheitlichen bundesrechtlichen Regelung bis Ende des Jahres 2022 stehen aber bislang die aktuellen technischen Gegebenheiten in den Ländern entgegen.

    Niedersächsisches Justizministerium: Die niedersächsischen Insolvenzgerichte hatten einen entsprechenden Bedarf im Rahmen der von der Anfrage in Bezug genommenen Länderumfrage des BMJV zur Digitalisierung des Insolvenzverfahrens nicht angemeldet. Mit der Ergänzung des § 5 InsO um den aktuellen Absatz 4 sollten die maschinelle Herstellung und Bearbeitung der Tabellen und Verzeichnisse operabel ausgestaltet werden (vgl. BT-Drs. 16/3227, S. 13). Anders als in Registerverfahren verspricht nur die Form der übermittelten Daten als maschinenlesbarer Datensatz allein im Insolvenzverfahren keinen weiteren Effizienzgewinn. Für Anmeldungen in Registersachen werden die Landesregierungen durch die auf Initiative des Bundesrates eingeführte Regelung des § 378 Abs. 4 FamFG ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Notare neben den elektronischen Anmeldungen bestimmte darin enthaltene Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln haben. Dadurch können die Registergerichte die übermittelten Strukturdaten unmittelbar weiterverarbeiten und diese nach erfolgter Prüfung direkt in das Register übernehmen (vgl. BT-Drs. 18/10607, S. 107; BGH, Beschl. v. 20. Februar 2013 – II ZB 27/12, juris Rn. 9 (XML-Datei)). Eine solche Form der Datenübernahme findet hier aber nicht statt, sondern die Führung der von dem Insolvenzverwalter angelegten Insolvenztabelle geht ab einem bestimmten Zeitpunkt auf das Insolvenzgericht über. Der Insolvenzverwalter bereitet also anders als der Notar in Registersachen keinen von dem Insolvenzgericht vorzunehmenden „Eintrag“ vor. Die Insolvenztabelle ist demgegenüber mit den Anmeldungen sowie den beigefügten Urkunden gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 InsO in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Es ist deshalb sicherzustellen, dass aus dem (nur) maschinenlesbaren Datensatz wiederum eine für die Beteiligten visuell wahrnehmbare Fassung der Tabelle erstellt werden kann. Dabei reicht die Wiedergabe der Tabelle auf einem Bildschirm aus, wenn diese ebenso leicht wie eine Tabelle in Papierform eingesehen werden kann (vgl. Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl. 2019, § 175 Rn. 22; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, 43. EL Mai 2021, § 175 Rn. 8; BeckOK InsR/Zenker, 25. Ed. 15.10.2021, § 175 InsO Rn. 14 m.w.N.; K. Schmidt InsO/Jungmann, 19. Aufl. 2016, § 175 Rn. 6).

    Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen: Da die Übermittlung per XJustiz-Fachmodul noch nicht umgesetzt ist, wäre aus technischer Sicht allenfalls eine Regelung denkbar, welche die Formate TAB oder ITR beinhaltet.

    INDat Report: Unterstützen Sie Bestrebungen, dass eine bundeseinheitliche „automatisierte“ Forderungsanmeldungen für Gläubiger (vergleichbar zu www.online-mahnantrag.de) bis Ende 2022 eingeführt wird?

    Bayerisches Staatsministerium der Justiz: Eine automatisierte Forderungsanmeldung ist grundsätzlich zu begrüßen, solange sie über die Infrastruktur des elektronischen Rechtsverkehrs umgesetzt wird.

    Niedersächsisches Justizministerium: Die hiesige insolvenzgerichtliche Praxis hat sich im Rahmen der Länderumfrage zur Digitalisierung des Insolvenzverfahrens ganz überwiegend dafür ausgesprochen, Forderungsanmeldungen elektronisch ohne Nachreichung von Unterlagen in Papierform zuzulassen. Dem entspricht die zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene Änderung des § 174 Abs. 4 InsO. Danach können nunmehr bei einer elektronischen Forderungsanmeldung auch die Nachweisurkunden dem Insolvenzverwalter in elektronischer Form übermittelt werden. Vor einer weiteren Gesetzesänderung ist abzuwarten, wie die kürzliche Änderung des § 174 Abs. 4 InsO seitens der Gläubiger angenommen wird, um auch auf dieser Grundlage den tatsächlichen Bedarf für eine „automatisierte“ Forderungsanmeldung zu ermitteln. Davon unabhängig sollte es trotz aller Vorteile einer elektronischen Forderungsanmeldung jedenfalls zunächst bei der Wahlmöglichkeit für den Gläubiger bleiben. Während die elektronische Forderungsanmeldung für institutionelle Gläubiger kein Problem darstellt und von diesen bereits praktiziert wird, dürfte dies Privatpersonen und anderen Gläubigern, die nur selten mit Insolvenz- oder überhaupt gerichtlichen Verfahren zu tun haben, weitaus schwieriger fallen. Diese Position wurde von hier aus seinerzeit in der Stellungnahme vom 20. Mai 2020 auf die Länderumfrage gegenüber dem BMJV vertreten.

    Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen: Die Möglichkeit einer elektronische Forderungsanmeldung erscheint prinzipiell erstrebenswert. Jedoch sollte dies bundeseinheitlich geregelt werden, um insbesondere institutionelle Gläubiger nicht mit verschiedenen länderspezifischen Lösungen zu konfrontieren. Die Rahmenbedingungen wie das Erfordernis der Anbringung einer elektronischen Signatur oder die Frage der Art und Weise von einzureichenden Unterlagen und Legitimationen müssen hierbei gleichfalls geklärt werden. Insoweit sollte hier eine gesetzliche Grundlage durch den Gesetzgeber geschaffen werden. Dies dürfte sich bis Ende 2022 nur bedingt realisieren lassen.

    INDat Report: Halten Sie im Insolvenzverfahren die Übermittlung von PDFs (für die eAkte) neben strukturiert maschinenlesbaren Datensätzen in die Fachanwendung (also als Doppelübertragung) für sinnvoll und rechtlich zulässig und wie sind in der Gerichtssoftware die eAkte und die Fachanwendung Insolvenz verbunden?

    Bayerisches Staatsministerium der Justiz: Über die rechtliche Zulässigkeit einer doppelten Einreichung entscheiden die Insolvenzgerichte in richterlicher Unabhängigkeit nach Auslegung der einschlägigen Rechtsgrundlagen. Dabei sind die landesrechtlichen Vorgaben aufgrund von § 5 Abs. 4 Satz 3 InsO zu berücksichtigen. Der gerichtlichen Beurteilung kann von hier aus nicht vorgegriffen werden, zumal die entsprechende Rechtsverordnung noch nicht erlassen ist (s. o.).

    Niedersächsisches Justizministerium: Die Einreichung elektronischer Dokumente in Insolvenzsachen ist nach der Niedersächsische Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz (Nds. ERVVO-Justiz) vom 21.10.2011 zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.11.2015 seit dem 01.11.2011 beim AG Hannover und seit dem 01.04.2012 bei allen Amtsgerichten zulässig und für bestimmte Dokumente auch sinnvoll. Eine Vorgabe zu den konkreten Formaten besteht in der Nds. ERVVO Justiz und der dazugehörigen Bekanntgabe für das Insolvenzverfahren nicht. Die Dokumente werden in der eAkte abgelegt und auf sie kann über das Fachsystem zugegriffen werden.

    Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen: Hinsichtlich der Insolvenztabellen ist die Übermittlung in der in der Verordnung geregelten, strukturierten Form vorgegeben (s. § 2 Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 3 eTab InsO). Eine zusätzliche Übertragung im PDF-Format dürfte allerdings rechtlich zulässig sein. In technischer Hinsicht ist die ausschließliche Verarbeitung der Tabellendaten im Fachverfahren möglich; ob zusätzlich eine Visualisierung in der elektronischen Akte für erforderlich bzw. sinnvoll gehalten wird, ist Gegenstand der jeweiligen insolvenzgerichtlichen Praxis. Fachverfahren und e-Akte sind integriert, seitens der Anwenderinnen und Anwender in einem einheitlichen Rahmen bedienbar und nehmen arbeitsteilig Aufgaben wahr.

    INDat Report: Können Sie schon über Erfahrungen in Pilotprojekten mit der neuen Fachanwendung Insolvenz von XJustiz 3.1.1 berichten oder wann starten Ihre XML-Pilotprojekte und welche Aufwände werden aktuell beim EGVP-Eingang von PDFs durch Insolvenzverwalter produziert?

    Bayerisches Staatsministerium der Justiz: Seit dem 22. November 2021 pilotiert das Amtsgericht Ingolstadt die E-Akte in Insolvenzsachen (vgl. Presseerklärung anbei). Aufgrund der noch nicht umgesetzten Unterstützung für die Entgegennahme von Tabellendaten in ausschließlich strukturierter Form im eingesetzten Fachverfahren (siehe Frage 2) liegen hierzu noch keine Erfahrungen des Pilotgerichts vor. Der Aufwand bei der elektronischen Einreichung von Insolvenztabellen im PDF-Format kann noch nicht verlässlich eingeschätzt werden. Derzeit werden die Tabellen in der Regel als Einzeldokumente elektronisch eingereicht und können so einfach in die elektronische Akte überführt werden.

    Niedersächsisches Justizministerium: EUREKA-WINSOLVENZ unterstützt zahlreiche Schnittstellen für verschiedene Nachrichtentypen. Die Version 3.1.1 ist für eine Kommunikation mit dem Statistischen Bundesamt im Einsatz. Den für den ERV maßgeblichen XJustiz-Strukturdatensatz für die Übermittlung von Dokumenten (Schriftgut) unterstützt EuWin gemäß ERVB 2020 seit dem 30.10.2021 in der Version 3.2.1. Dies gilt ebenso für das rücklaufende elektronische Empfangsbekenntnis. Zum Aufwand für den Eingang von PDF-Dokumenten liegen hier keine Informationen vor.

    Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen: Es wird hier davon ausgegangen, dass mit „Fachanwendung Insolvenz“ das Fachmodul Insolvenz innerhalb des XJustiz-Standards gemeint ist. Dieses ist, wie bereits oben zu Frage 1 ausgeführt, gegenwärtig technisch noch nicht umgesetzt, sodass noch keine praktischen Erfahrungen aus Pilotprojekten vorliegen. Im Rahmen der Pilotierung der elektronischen Akte in Verbraucherinsolvenzsachen bei inzwischen fünf Insolvenzgerichten (Amtsgerichte Bonn, Mönchengladbach, Siegen, Köln und Duisburg) sind allerdings umfängliche Erfahrungen mit der Übermittlung von Tabellendaten in den Formaten TAB oder ITR bei gleichzeitiger Übermittlung der begründenden Unterlagen als PDF (s. bereits Frage 1) gemacht worden. Jene sind bislang sehr gut. Besondere Aufwände, die insoweit durch PDF-Einreichungen durch Insolvenzverwalter entstehen würden, sind daher nicht bekannt.

    Interview von Autor RA Klaus Kollbach und INDat Report mit dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) für den Beitrag „Weitere Impulse für eine Digitalisierung des Insolvenzverfahrens – Kleine Schritte und große Etappen“ (INDat Report 03_2022; S. 28 ff.).

    INDat Report: Der Gesetzgeber hat z. B. beim automatisierten Mahnverfahren die Nutzung von Strukturdaten bundesweit vorgegeben. Im Insolvenzbereich entscheiden die Bundesländer gemäß § 5 Abs. 4 InsO, wie die digitale Übermittlung von Forderungsanmeldungen und Tabellenauszügen vom Insolvenzverwalter zum Insolvenzgericht zu gestaltet ist. Strebt das BMJ in dieser Legislaturperiode an, dass es analog dem automatisierten Mahnverfahren eine bundeseinheitliche automatisierte Forderungsanmeldungen für Gläubiger und Verarbeitung von Anmeldungen und Tabellenauszügen mit Strukturdaten bei Insolvenzgerichten vorgegeben wird?

    Bundesministerium der Justiz: Derzeit gibt es keine entsprechenden Überlegungen zu einer bundeseinheitlichen Vorgabe. Auch die Einführung des automatisierten Mahnverfahrens und das Online-Angebot der Mahngerichte sind ohne bundeseinheitliche Vorgabe durch die Länder erfolgt.

    INDat Report: Die Digitalisierung des Rechtsverkehrs und der Justiz ist ein seit Längerem laufender Prozess. Das Wort „Digitalisierung“ ist nicht fest umrissen oder definiert. Häufig verhält es sich in der (insolvenz-)gerichtlichen Praxis so, dass papierbezogene Prozesse unverändert in PDFs/PDF-As etc. abgebildet werden, lediglich die Informationsübertragung z. B. via beA ist digitalisiert. Bei Großinsolvenzen und Verfahren über viele Jahre bedeutet das mitunter hunderttausende PDF-Seiten, die zudem verschlagwortet werden müssten, obwohl es seit 1999 Strukturdatenlieferungen der Verwalter an das Insolvenzgericht gibt. a) Welche Zukunft geben Sie der PDF bzw. der PDF-A als Hauptträger der Information im elektronischen Rechtsverkehr mit den Insolvenzgerichten? und b) halten Sie eine doppelte Datenübersendung in PDF-Format für zulässig oder sinnvoll, wenn der Gesetzgeber in Sonderbereichen schon länger erfolgreich auf Strukturdaten setzt (InsO, automatisiertes Mahnverfahren, Handelsregister)?

    Bundesministerium der Justiz: Die Anforderungen an das Datenformat ergeben sich aus der jeweiligen rechtlichen Grundlage für die Datenübermittlung. Die Gründe für die derzeitige Regelung sind unter anderem aus der Verordnungsbegründung zu § 2 ERVV ersichtlich (Bundesrats-Drucksache 645/17 vom 20.09.2017, Seite 12) und tragen auch den Anforderungen an die klassische Gerichtsakte derzeit noch Rechnung. Da die Papierakte gemäß § 298 a ZPO zum 1. Januar 2026 endgültig durch die elektronische Akte abgelöst wird, bietet sich die Gelegenheit, auch die Sichtweise auf die optische Ausgestaltung und Verarbeitbarkeit der einzureichenden Anträge, Erklärungen und Dokumente zu aktualisieren. Hierzu ist eine enge Abstimmung mit den Ländern erforderlich. 

    INDat Report: Nach § 130d ZPO müssen Rechtsanwälte und Behörden ab 01.01.2022 Schriftsätze und Anlagen elektronisch übermitteln. Die Gesetzesbegründung (der Bundesregierung, BT-Drs. 19/28399) zum „Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften“ geht davon aus, dass u. a. auch Sachverständige und Insolvenzverwalter künftig das elektronische Bürger- und Organisationspostfach (eBO) nutzen. Ist aus Sicht des BMJ dennoch eine Klarstellung zu § 130d ZPO erforderlich, dass diese Norm Insolvenzverwalter, die auch Rechtsanwalt sind, nicht betrifft?

    Bundesministerium der Justiz: Eine Klarstellung zu § 130d ZPO im Hinblick auf Insolvenzverwalter, die zugleich auch Rechtsanwalt sind, erscheint nicht erforderlich. Die Vorschrift enthält eine klare Benennung der Normadressaten und diese Klarheit wird auch durch die Gesetzesbegründung unterstützt. Die Auslegung von § 130d ZPO in einem individuellen Fall kann verbindlich nur durch die zuständigen Gerichte erfolgen.

    Interviews von Autor RA Klaus Kollbach und INDat Report mit den IT-Dienstleistern Andre Koppel Software GmbH, Rummel Software GmbH und STP Informationstechnologie GmbH für den Beitrag „Weitere Impulse für eine Digitalisierung des Insolvenzverfahrens – Kleine Schritte und große Etappen“ (INDat Report 03_2022, S. 28 ff.).

    INDat Report: Halten Sie bundeseinheitliche Vorschriften zur Forderungsanmeldung (ohne Abweichung auf Länder- oder Gerichtsebene) für sinnvoll?

    Andre Koppel Software GmbH: Einen Standard zur Forderungsanmeldung halten wir für überaus sinnvoll. Eine essentielle Prämisse ist jedoch, dass wirklich alle Konstellationen abgedeckt werden, die als Forderungsanmeldungen tatsächlich vorkommen und es muss Definitionen geben, wie Forderungsanmeldungsvarianten automatisch von der Software „reduziert“ werden können, um den technisch beschränkten Möglichkeiten einiger – deutlich veralteter – Justizsysteme gerecht zu werden. Schon der sehr simple Zusammenhang aus „Forderung“, „Zinsen“, „Kosten“ wirft auch heute noch diverse Fragen auf. Einige Gerichte betrachten dies gewissermaßen als vorgegebenen „Dreisatz“, von dem nicht abzuweichen ist, andere Gerichte sind flexibler. Tatsächlich handelt es sich um drei Forderungen, die an sich nichts miteinander zu tun haben (außer, dass die einen die andere als Voraussetzung haben). Als in der Realität auch vorkommende Konsequenz kann es „zu einer Hauptforderung“ beliebig viele Zins- und Kostenforderungen geben. Derzeit muss die Tabellenerfassung solche Konstellationen gemäß den Anforderungen des Gerichts aufsplitten und/oder zusammenfassen. Tatsächlich kann die Software aktuell nicht wissen, wie ein Gericht die Daten „sehen“ möchte. Eine bundesweite klare und detaillierte Vorgabe wäre hier sehr wünschenswert, denn nur so kann kostenreduzierend gearbeitet werden. Und auch nur so kann eine – von der EU geforderte – standardisierte, auch elektronische Forderungsanmeldung realisiert werden. Aktuell ist der Intellekt und das Wissen der Tabellensachbearbeiterinnen und -sachbearbeiter gefordert, weil die Vielzahl von Fallkonstellationen eine Vollautomatisierung der Datenerfassung oder Einspielung z. B. der Forderungsanmeldung unmöglich macht. In der Konsequenz werden dadurch wertvolle Ressourcen höherqualifizierter Sachbearbeiter für die Forderungserfassung gebunden, obwohl die Datenerfassung oder Einspielung von geringer qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgen könnte, wenn es einen klar definierten Standard für Forderungsanmeldung gäbe. Die verschiedenen, gegen solche Standards angeführten Argumente sind sämtlichst Scheinargumente, die einer näheren Prüfung nicht standhalten, mit denen nur ein Status Quo zementiert wird.

    Rummel Software GmbH: Derzeit sind teilweise innerhalb der Bundesländer die Forderungsanmeldungen in unterschiedlicher Form einzureichen. Bundeseinheitliche Vorschriften würden nicht nur den Softwareherstellern, sondern ebenfalls den Verwaltern und Gläubigern die Abgabe der Tabellendaten deutlich vereinfachen.

    STP Informationstechnologie GmbH: Bundeseinheitliche Vorschriften wären hier wünschenswert. Insbesondere für Insolvenzverwalter, aber auch für institutionelle Gläubiger wie Krankenkassen, Banken und weitere, die in Insolvenzverfahren unterschiedlichster Bundesländer betroffen sein können, bedeutet es einen deutlich spürbaren Mehraufwand, sich letztlich pro Gericht erst einmal zu versichern, in welcher Form nun Forderungen anzumelden sind.

    INDat Report: Wenn Tabellendaten bereits in Form von strukturiert maschinenlesbaren Datensätzen an die Gerichte übertragen werden können, ist dann technisch eine zweite Übermittlung in Form von PDF-A notwendig und sinnvoll?

    Andre Koppel Software GmbH: Es gibt aktuell noch keine etablierte strukturierte, maschinenlesbare Übermittlung von Datensätzen der Tabellendaten an das Gericht. Es gibt die extrem veralteten Standards ITR und TAB, die EXCEL-/CSV-basierend Daten austauschen. Diese Standards sind mit diversen Fehlplanungen durchsetzt und nicht erweiterbar. Die Standards können weder mit Nachmeldungen umgehen (dazu muss eine händisch aufwendige Synchronisierung vorgenommen werden), noch können sie das o. g. Spektrum diversen Kosten-/Zinsen-Konstellationen abbilden. Rein theoretisch sollte XJustiz all dies abbilden können, dieser Standard ist im Bereich der InsO jedoch noch extrem unterentwickelt. Vor dem Hintergrund, dass weder brauchbare Übermittlungsstandards, noch geeignete Software auf Justiz- und Verwalterseite vorhanden sind, kann von einer papiernen (als PDF/A-2) Übermittlung derzeit noch nicht abgesehen werden. Nur in der Druckvariante (PDF/A-2) kann der fachkundige Sachbearbeiter feststellen, ob die Anmeldung des Gläubigers sich in der digitalen Form widerspiegelt. Gäbe es nur eine rein digitale Übermittlung (ohne echtes oder elektronisches Papier), so würden immer von neuem Diskussionen zwischen allen Beteiligten entstehen, wie die digitalen Daten zu interpretieren sind, wenn sie nicht dem 08/15-Schema entsprechen.

    Rummel Software GmbH: Rein technisch ist eine zweite Übermittlung in Form von PDF-A nicht erforderlich. Das Tabellenblatt kann aufgrund der übermittelten Tabellendaten durch strukturiert maschinenlesbaren Datensätze vom Gericht selbst erstellt und gedruckt werden. Allerdings beinhaltet eine Forderungsanmeldung auch die Nachweise, welche die Forderung begründen. Diese müssen derzeit dem Gericht meist im Original zur Verfügung gestellt werden. Auch eine rein elektronische Übermittlung der forderungsbegründenden Belege würde die zweite Übermittlung nicht ersetzen. Hierfür ist erforderlich, dass Nachweise lediglich beim Verwalter und nicht mehr beim Gericht vorzulegen sind.

    STP Informationstechnologie GmbH: Nach der aktuellen Rechtslage sieht § 175 Abs. 1 Satz 2 InsO neben der Tabelle, die abhängig von Länderverordnungen nach § 5 Abs. 4 auch elektronisch übermittelt werden kann, noch die Niederlegung mit samt der Anmeldung sowie beigefügter Urkunden vor. Daher ist aus unserer Sicht bereits ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung des Insolvenzverfahrens gegangen worden, dass mittlerweile bei einigen Gerichten neben den elektronischen strukturierten Tabellendaten auch digital die Anmeldung sowie Belege per PDF an die Gerichte übermittelt werden können. Jedoch wäre künftig vor dem Hintergrund der Effizienz des Verfahrens (und der eigentlichen Praxis bei Gericht) folgend eine Regelung sinnvoll, die von einer „doppelten“ Übermittlung absieht und nur noch in den Fällen des § 176 Satz 2 InsO bei „strittigen“ Forderungen eine Übermittlung von Belegen in PDF neben den rein elektronischen strukturierten Daten vorsieht.

    INDat Report: Können Verwalter von Gläubigern eingesandte PDFs als Forderungsbelege ohne Umbenennung der Dateinamen (wie bei beA gefordert) in der Verwaltersoftware für konkrete Forderungen speichern?

    Andre Koppel Software GmbH: In unserer Software „INVEP“ ist dies ohne Weiteres möglich. Die Dateinamen können so gespeichert werden, wie sie ankommen; mehrfach identische Dateinamen sind unkritisch, da die Zuordnung jeweils auf mehreren Ebenen erfolgt, der Dateiname ist also nur ein weiteres Attribut. Wir empfehlen jedoch aus ganz grundsätzlichen EDV-Überlegungen, dass Dateinamen sich an bestimmte Regeln halten, denn es gibt verschiedene Kodierungsmöglichkeiten für Sonderzeichen (z. B. Umlaute), die Dateinamen enthalten jedoch keinen Hinweis darauf, welche Kodierung für den Namen verwendet wurde. Jeder, der schon einmal Dokumente mit Umlauten in den Dateinamen zwischen Mac und PC übertragen hat, kennt die Problematik, dass die Umlaute teilweise in unlesbare Zeichen gewandelt werden. Gleiches gilt für Satzzeichen, Leerzeichen und Schrägstrich. Ein Dateiname „Gläubigeranmeldung zur Tabelle im Verfahren IN 0815/22“ bietet zum Beispiel mehrere Fallstricke, und je nachdem, wo und wie er verarbeitet wird, ist er teilweise einfach nur problematisch und teilweise insgesamt unzulässig. INVEP selbst könnte diesen Namen verarbeiten, ob und wie der Dateiname im Rahmen der Weiterverarbeitung und Übermittlung zum Gericht Probleme verursacht, liegt außerhalb unseres Einflussbereichs. Auch sehr lange Dateinamen sollten tunlichst vermieden werden. Es gibt eine maximale Dateinamenslänge, die inklusive Pfadangabe bei 232 Zeichen liegt. Wenn also ein Dateiname sehr lang ist, dann kann die Datei potenziell auf einem System gespeichert werden, auf dem anderen jedoch nicht (weil die zusätzliche Pfadangabe dann jeweils die Maximallänge überschreitet). Die Verwendung der originären Dateinamen ist also einerseits möglich, andererseits sollten jedoch zwingend Standards etabliert werden, um eine gesamte Interoperabilität über alle beteiligten Stellen zu gewährleisten. Die Nichtexistenz von verbindlichen Namenskonventionen führt bereits beim beA immer wieder zu Irritationen, im Bereich einer automatisierten Datenübertragung in der InsO – mit ihren erheblich größeren Datei- und Datenmengen – führen fehlenden Namenskonventionen unweigerlich zu Handhabungsproblemen, die schlussendlich auch haftungsrelevant sein könnten.

    Rummel Software GmbH: Ja, mit InsoMACS können Forderungsbelege einer einzelnen Forderung hinzugeordnet und sodann per beA an das Gericht übersandt werden. Die Umbenennung der Dateinamen ist hierfür nicht erforderlich. Die Hinzuordnung der Forderung bleibt auch beim Versand per beA ersichtlich. Diese Funktion wurde für das Pilotprojekt in NRW eingeführt und wird nun von einigen unserer Verwalterkanzleien verwendet.

    STP Informationstechnologie GmbH: Ja, das ist in der Digital Edition unseres Produkts winsolvenz.p4 in Verbindung unserem Dokumentenmanagementsystem LEXolution.DMS Pro möglich. Die Dokumente werden per Drag & Drop auf die Forderung gezogen und können dann, wie dies bereits in Nordrhein-Westfalen bei ersten Pilotgerichte durchgeführt wird, im Wege der elektronischen Schriftgutübergabe im XJustiz-Format übergeben werden.

    INDat Report: Können Sie bis Ende 2022 eine Forderungsanmeldung der Gläubiger beim Verwalter durch strukturiert maschinenlesbaren Datensätzen anbieten?

    Andre Koppel Software GmbH: Wir haben einen solch Mechanismus bereits seit 2016 im Angebot, es zeigte sich jedoch bis dato kein Interesse aufseiten der Verwalter. Wir sehen aktuell das Problem der gesicherten Authentifizierung. Es gibt keinen gesetzlich geregelten sicheren Mechanismus, mit dem Forderungsanmeldungen vollkommen digital (ohne zusätzliche Schriftform) übermittelt werden können, ohne dass sich dadurch Haftungsprobleme ergeben, wenn eine nachgereichte Schriftvariante von der digitalen Übermittlung abweicht – oder tatsächlich gar nicht eingereicht wird, also nur eine digitale Anmeldung existiert. Um jegliche Haftung zu vermeiden, müsste ein Sachbearbeiter beim Verwalter die jeweils in Papierform eingereichten Anmeldungen mit den digital übermittelten Anmeldungen manuell abgleichen, im Fall einer Abweichung muss entsprechend intelligent damit umgegangen werden. Tatsächlich führt dies zu einer Doppelbelastung (der gleiche Anmeldevorgang muss mehrmals geprüft werden). Die von uns etablierte Technik basiert auf einem Forderungs-Anmelde-PDF, das vom Gläubiger digital ausgefüllt, ausgedruckt, manuell unterschrieben und dann zum Verwalter gesendet wird. Dieses PDF ist auf eine maximale Maschinenlesbarkeit ausgelegt, sodass die Forderungsanmeldung beim Verwalter problemlos digitalisiert werden kann. Auf diesem Wege wird die Anmeldung der noch immer geforderten Schriftform gerecht und trotzdem erfolgt sie digital. Neben dieser von uns favorisierten Variante (die dem Umstand der nicht gesetzlich geregelten Authentifizierung geschuldet ist) kann unsere Software INVEP seit deutlich über einem Jahrzehnt auch annähernd beliebige strukturierte Daten – so auch Forderungsanmeldungen – einlesen. Sollte der Gesetzgeber oder ein Fachgremium hier einen gültigen Standard verabschieden, so kann dieser von uns innerhalb kürzester Zeit implementiert werden. Davon abgesehen ist die „Forderungsanmeldung durch strukturiert maschinenlesbare Datensätze“ derzeit leider noch eine Worthülse, denn eine strukturierte Form setzt einen Standard voraus, den es aktuell noch nicht gibt. Die Schaffung eines solchen Standards ist auch bei weitem nicht trivial, denn sie setzt Ersteller voraus, die sich gleichermaßen sicher im InsO-Bereich und in der Datentechnik bewegen. Derer dürfte es in ganz Deutschland weniger als ein Dutzend geben. Die Schaffung eines solchen Standards dürfte auch erhebliche Reibung an den Stellen erzeugen, an denen Gerichte bereits jetzt sehr unterschiedliche Vorstellungen von Konventionen haben. Existierende Konventionen, die einhergehend mit der Nutzung von Begrifflichkeiten, die an sich gar keinen juristischen Unterbau haben, müssten neu gedacht, abgeschafft oder umdefiniert werden. Hier sei beispielhaft der in der Forderungsanmeldung so beliebte Rang 0 genannt. Dieser Rang 0 ist gewissermaßen durch die Nutzung einer bestimmten Software in den Sprachgebrauch – auch in der Justiz – eingesickert. Einen solchen Rang gibt es jedoch tatsächlich nicht. In der Summe müssen im Rahmen der Definition eines Standards Begrifflichkeiten in allen Details sauber definiert werden, und zwar in einer Form, dass DV-Technisch eineindeutig klar ist, was damit gemeint ist. Dieses „eineindeutig“ ist wörtlich zu nehmen, denn nur damit kann das aktuell noch sehr verbreitete Narrativ „na ist doch klar, was damit gemeint ist“ abgeschafft werden, und dieses Narrativ muss abgeschafft, bzw. in eine streng formale Form überführt werden, um eine Automatisierung überhaupt erst zu ermöglichen.

    Rummel Software GmbH: Ja, das ist bereits seit Längerem mit der Forderungsanmeldung über unserer Online-Gläubiger-Auskunft möglich. Hier werden die angemeldeten Forderungen in InsoMACS importiert und mit dem Tabellenexport als strukturiert maschinenlesbaren Datensatz versendet. Allerdings ist es technisch nicht möglich, Belege bzw. Anlagen zu einer Forderung in einen strukturiert maschinenlesbaren Datensatz umzuwandeln. Diese müssen weiterhin per beA bzw. Post versandt werden.

    STP Informationstechnologie GmbH: Das funktioniert bereits. Einerseits können Gläubiger ihre Forderungen bereits über GIS 4.0 beim Insolvenzverwalter komplett elektronisch samt Beleg-Upload anmelden. Die Daten selbst erhält der Verwalter wiederum als strukturierte Daten direkt für sein Fachprogramm sowie seine elektronische Akte. Andererseits ermöglichen wir beispielsweise Großgläubigern auch eine Übermittlung von strukturierten Forderungsanmelde-Daten samt Belegen per Schnittstelle aus den Fachsystemen der Gläubiger.

    INDat Report: Können Sie schon über Erfahrungen in Pilotprojekten mit der neuen Fachanwendung Insolvenz von XJustiz 3.1.1 oder der Verbindung von Fachanwendung und eAkte berichten?

    Andre Koppel Software GmbH: Der Insolvenzbereich in XJustiz ist aktuell leider eine akademische Spielwiese, denn die Kommunikation ist höchst unbefriedigend, es gibt keine zuverlässigen Verteiler, es gibt keinen bundeslandübergreifenden Konsens (was schlicht daran liegt, dass die Bundesländer, die kaum eine Digitalisierung im Bereich der Insolvenz aufweisen, sich nicht beteiligen) und die Softwarefirmen (z. B. wir) werden nicht proaktiv eingebunden. Ohne proaktive Einbindung der Beteiligten (sowohl aufseiten der Justiz, als auch aufseiten der Verwalter bzw. der Softwarehersteller) können die diversen Herausforderungen des gesamten Spektrums jedoch kaum abgebildet werden. In der Folge ist der einhergehende Standard ohne echten Realitätsbezug. Es ist aufseiten der Softwareentwickler auch nicht einsehbar, dass die erheblichen einhergehenden Kosten geschultert werden, ohne dass dem in absehbarer Zeit entstehende Kosteneinsparungen oder Gewinne entgegenstehen. Ein „wir segeln dann mal los und unser Wind ist XJustiz“ bedeutet ein Verbrennen von Geld, wenn weder klar ist, in welche Richtung der Wind weht, noch was überhaupt das Ziel ist. Bereits in der Vergangenheit wurde XJustiz mehrmals konterkariert, indem jeweils von Version zu Version zueinander inkompatible Standards geschaffen wurden, und dies teilweise sogar in den Fachbereichen, die noch nicht einmal im Einsatz waren. So wurden in XJustiz Standards geschaffen, die von den Softwarehäusern umzusetzen waren, ohne dass die Justiz selbst dies verarbeiten konnte. Damit, dass dann in einer Folgeversion von XJustiz ein überarbeiteter Standard geschaffen wurde, wurde die alte Version obsolet und die durch die geleistete Entwicklungsarbeit entstandenen Kosten bedeuteten verbranntes Geld. Im Bereich der InsO ist diese Situation noch weiter verschärft, da hier nur die Wissens- und Kenntnisstände sehr weniger Bundesländer einfließen. So ist es quasi ausgeschlossen, einen Standard zu schaffen, dessen Umsetzung auf absehbare Zeit mehr Kosten spart, als durch seine Ausprogrammierung erzeugt werden. Eine Ausprogrammierung solcher Standards ist unter den genannten Rahmenbedingungen nur möglich, wenn eine Querfinanzierung durch Kickback-Geschäfte betrieben wird (wir machen das jetzt mal, die Justiz hat ihren Nutzen und wir als – singuläre – Softwarefirma haben einen Vorteil bei der Justiz, weil nur unsere Verwaltersoftware kompatibel mit diesem Standard ist). Letzteres ist bei Weitem nicht aus der Luft gegriffen, denn es ist in Deutschland durchaus üblich, dass Gerichte – sehr weit entfernt von jeglicher Zulässigkeit – vom Verwalter den Einsatz bestimmter Softwareprodukte fordern. Solche Forderungen werden natürlich nicht verschriftlicht, jedoch sehr wohl mündlich übermittelt „Wenn Sie Aufträge haben wollen, so setzen Sie diese Software ein“. Abschließend lässt sich feststellen, dass Standards absolut begrüßenswert sind, denn nur mit solchen Standards können mittel- und langfristig Kosten reduziert und Zeit eingespart werden. Die Etablierung von Standards stößt jedoch auf erhebliche Widerstände, denn dadurch entfallen Wettbewerbsvorteile einzelner Marktteilnehmer, was wiederum Kickbackgeschäfte erschwert. Zudem müssten sich alle Bundesländer an die Standards halten und sie auch umsetzen, was schlussendlich bedeutet, dass die Bundesländer sowohl die personellen als die die materiellen Ressourcen bereitstellen müssen. Standards dagegen, die nur von einigen wenigen, ohne Beteiligung der essentiellen Gruppen und teilweise ohne Sachkenntnis geschaffen werden, werden sich nicht etablieren können, sind somit dann auch keine.

    Rummel Software GmbH: Nachdem bisher keiner unserer Kunden die Fachanwendung Insolvenz von XJustiz 3.2.1 verwendet, können wir hierzu leider keinen Erfahrungsbericht abgeben. 

    STP Informationstechnologie GmbH: Bereits Ende 2021 startete ein Pilotprojekt an zunächst drei Insolvenzgerichten (Bonn, Siegen und Mönchengladbach, seit 01.01.2022 auch in Köln), das neben dem geläufigen Import von Tabellendaten auch die Übernahme von verknüpften Dokumenten der Forderungsanmeldung über das XJustiz-Format vorsah. Hier funktioniert die Übergabe der Forderungsanmeldungen inklusive der Belege komfortabel und zuverlässig und bereits beim Insolvenzverwalter verknüpfte Daten und Dokumente können auf diesem Wege komplett digital in die eAkte der Justiz und entsprechend verknüpft in die Fachanwendung übernommen werden, was die teilnehmenden Pilot-Gerichte sehr erfreut und Aufwände spart. Weiterhin startet das Amtsgericht Ingolstadt in Bayern gerade als Pilotgericht die Einführung der eAkte. Hier werden Tabellenblätter, Forderungsanmeldungen und Berichtigungen in einem bestimmten Format und mit einer entsprechend gewünschten Bezeichnung elektronisch übergeben.